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Gut gesprungen?

Die letzte Woche hatte es in sich: Daniel, ein hoch begabter 3.Klässler, war auf Anraten der Klassenlehrerin zum Sprung in die 4.Klasse vorgeschlagen worden. Daher tagte die Klassenkonferenz. Daniel ist kein unproblematischer Schüler, da er impulsiv veranlagt ist und so seine guten Gedanken gerne in unangekündigte Beiträge umwandelt. Auch - so der Wortlaut der Lehrerin - sei er ein "Systemkritiker".

März 2009

Von: Götz Müller


Die letzte Woche hatte es in sich: Daniel, ein hoch begabter 3.Klässler, war auf Anraten der Klassenlehrerin zum Sprung in die 4.Klasse vorgeschlagen worden. Daher tagte die Klassenkonferenz. Daniel ist kein unproblematischer Schüler, da er impulsiv veranlagt ist und so seine guten Gedanken gerne in unangekündigte Beiträge umwandelt. Auch - so der Wortlaut der Lehrerin - sei er ein "Systemkritiker".

Daniel wurde bereits 2007 auf seine kognitiven Fähigkeiten hin untersucht. Erfreulicherweise war neben dem hohen intellektuellen Entwicklungspotenzial auch ein sehr homogenes Begabungsprofil zu erkennen, d.h. dass bei Daniel kaum Schwächen (oder auch Stärken) festzustellen waren. Im Test-Profil und den ergänzenden Verfahren zeigten sich keine Werte in Durchschnittsnähe, alle Facetten wie Sprache, räumliches Vorstellungsvermögen, logisches Denken und Verarbeitungsgeschwindigkeit waren überdurchschnittlich entwickelt. Dies ist ein wichtiger Punkt, wählt man den Weg der Akzeleration als eine mögliche Förderung für Daniel.

Im Falle des Springens ist mehr zu beachten als nur der reine Wert, der sich aus den intellektuellen Entwicklungstests ergibt. Zwar ist dieser nach wie vor ausschlaggebend, doch gerade bei nicht unproblematischen Kindern zählt auch die Betrachtung möglicher Schwächen. Im Falle des Sprungs springt auch die Norm, so dass im Vergleich zu den neuen Mitschülern aus durchschnittlich entwickelten Fähigkeiten auch (relative) Schwächen werden können. Jedenfalls ist die Idee, das Springen löse alle Probleme, in solchen Fällen kritisch zu sehen und zu kurz gedacht.

Daniels Grundschule hat aufgepasst: Als wichtiger Punkt wurde zunächst darüber gesprochen, ob nicht andere und integrative Maßnahmen ausreichend sein können. So genannte Pull-Outs (gemeint ist das Herausziehen eines Schülers aus der Klasse für einzelnen Stunden, die er dann in höheren Klassen verbringt) wurden besprochen, schulorganisatorisch aber wieder verworfen. Auch kam deutlich zur Sprache, ob nicht eher Vermeidung das Motiv für das Springen sein und nur ein Weitertragen in die 4.Klasse stattfinden könnte. Daniel befindet sich nun in einem Teilzeitmodell zum Überspringen, dessen erste Phase bis zu den Osterferien andauern wird. Er besucht nun für einen, dann für zwei Tage usw. die 4.Klasse, um zunächst eine gute Beobachtung der Verhaltensauffälligkeiten leisten zu können. Ein direkter Sprung wurde von der Konferenz abgelehnt.