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London: Genialer Sonderling löst einen Fall nach dem anderen

Teil drei lief zum Glück einen Tag, nachdem ich wieder aus dem Urlaub zurück war, sodass ich immerhin die letzte Episode der BBC-Serie "Sherlock" sehen konnte. Vielleicht haben Sie ja auch die anderen beiden gesehen? Wenn nein, haben Sie immerhin noch die Chance, ab dem 11.9. die Wiederholung auf einsfestival anzuschauen. Die Neuverfilmung der Fälle von Sherlock Holmes, dem hochintelligenten, aber menschlich etwas … sagen wir, seltsamen Problemlöser, ist hochgradig unterhaltsam, und Holmes selbst ist definitiv ein Fall für sich.

August 2011

Von: Prof. Dr. Tanja G. Baudson


Teil drei lief zum Glück einen Tag, nachdem ich wieder aus dem Urlaub zurück war, sodass ich immerhin die letzte Episode der BBC-Serie "Sherlock" sehen konnte. Vielleicht haben Sie ja auch die anderen beiden gesehen? Wenn nein, haben Sie immerhin noch die Chance, ab dem 11.9. die Wiederholung auf einsfestival anzuschauen. Die Neuverfilmung der Fälle von Sherlock Holmes, dem hochintelligenten, aber menschlich etwas … sagen wir, seltsamen Problemlöser, ist hochgradig unterhaltsam, und Holmes selbst ist definitiv ein Fall für sich.
Stolz präsentiert Watson die Lösung auf eine Teilfrage – nur, um gleich darauf von einem sichtlich gelangweilten Holmes zu hören, warum um alles in der Welt er denn für ein so simples Problem so lange gebraucht habe. Oder warum er diesen und jenen doch eigentlich ganz offensichtlichen Punkt denn so völlig außer Acht gelassen habe. Egal, wie sehr sich Watson anstrengt: Holmes ist ihm immer einen Schritt voraus – und macht auch keinen Hehl daraus. Soziale Kompetenz: Fehlanzeige. Wird ohnehin völlig überschätzt, denn mit jedem Fall zeigt Holmes ja, dass es durchaus auch ohne geht – oder?

Kann die intellektuelle Fähigkeit den Mangel an sozialen Fertigkeiten also kompensieren? Augenscheinlich ist Holmes' Umfeld (einschließlich Watson) ja doch recht tolerant. Weil er Erfolg hat? Gesteht man Exzentrizität und Skurrilität eher den "Genies" zu – erwartet man das vielleicht sogar von ihnen? Und wie fühlen sich solche "Schwerstbegabten" dabei? Sherlock selbst scheint ja ganz zufrieden damit zu sein, dass man seine intellektuellen Fähigkeiten anerkennt – nett finden müssen ihn die mit den kleinen Gehirnen ja nicht, insofern besteht auch kein Bedarf, etwas an der Situation zu ändern.

Im übrigen ist es keineswegs so, dass Genie und ein Schuss Verrücktheit immer gekoppelt wären. Es besteht noch nicht mal ein bedeutsamer statistischer Zusammenhang. Mit anderen Worten: Hochbegabte sind im Schnitt genauso verrückt oder normal wie alle anderen auch. Das Kernproblem, das jeden Menschen betrifft, unabhängig davon, wie begabt er ist, ist das der Passung: Fähigkeiten können sich am besten in einem Umfeld entfalten, das ihnen entgegenkommt. Und mit zunehmenden Wahlmöglichkeiten ergeben sich da auch mehr und mehr Freiheiten. Auch wenn Klein Sherlock in der Schule möglicherweise noch nicht so viel zu lachen hatte, so hat er letztlich als Erwachsener doch seine Nische und damit ein Umfeld gefunden, das seinen Bedürfnissen entspricht und das er entsprechend beeinflussen kann.

Also, liebe Kinder: Lasst Euch von den Erwachsenen nicht vormachen, die Schule sei alles, was die Welt zu bieten hat. Und sucht Euch ruhig ein paar Vorbilder, die ein bisschen jenseits der gängigen Normen liegen. Langweiler gibt es schon mehr als genug.