Diagnostik mit Intelligenztests

Beratung

CPM – Coloured Progressive Matrices

Altersbereich: 3;9 bis 11;8 Jahre

Test-Typ: Einzel- und Gruppentest

Erscheinungsjahr: 2002

Verlag: Swets, Frankfurt am Main

CPM – Coloured Progressive Matrices

1 Beschreibung

1.1 Zielsetzung und Grundlagen

Die CPM dienen der sprachfreien Erfassung der allgemeinen Intelligenz mittels figuralem Aufgabenmaterial (Matrizenaufgaben) insbesondere bei jüngeren Kindern (3;9 bis 11;8 Jahre).

Die Raven-Matrizentests wurden zur Erfassung der allgemeinen Intelligenz im Sinne des Intelligenzfaktors „g“ in Spearmans Intelligenzmodell (Spearman, 1904) entwickelt. Erfasst werden soll insbesondere die eduktive Komponente des g-Faktors. Diese umfasst die Fähigkeit zur Entwicklung, Ableitung oder zum Herausfiltern neuer Einsichten oder Informationen aus dem, was eine Person wahrnimmt oder bereits weiß und damit letztendlich induktive Fähigkeiten und Denkprozesse (Raven, Raven & Court, 1996).

1.2 Aufbau

  • 3 Testteile mit je 12 Aufgaben (A, Ab, B).
  • Jede Aufgabe besteht aus unvollständigen farbigen geometrischen Mustern oder Figuren, die korrekt ergänzt werden sollen (Auswahl aus sechs Antwortalternativen).
  • Es gibt eine Puzzleform („Board Form“), u.a. zur nonverbalen Demonstration der Testaufgaben.
  • Es gibt eine Computerversion im Rahmen des Wiener Testsystems der Firma Schuhfried (Eberhard & Huber, 1993).
  • Gruppentestungen mit maximal 9 Kindern.
  • Für die Papier-Bleistift-Version existiert ein Paralleltest.

1.3 Quellen

Raven, J.C., Raven, J. & Court, J.H. (dt. Bearbeitung und Normierung von S. Bulheller und H. Häcker) (2002). Raven’s Progressive Matrices und Vocabulary Scales. Coloured Progressive Matrices mit der Parallelform des Tests und der Puzzle-Form. Frankfurt a.M.: Swets.

2 Anwendung

2.1 Zusammenfassung

Die Prüfung der Aktualität der Normen bzw. eine Neunormierung sind erforderlich. Die Ergebnisinterpretation muss daher mit Vorsicht erfolgen; insbesondere ist eine Überschätzung von Fähigkeiten wahrscheinlich.

Aufgrund der Eindimensionalität des Verfahrens und des damit eingeschränkten Messbereichs eignen sich die CPM zur Hochbegabungsdiagnostik nur in Kombination mit mehrdimensionalen Testverfahren.

Eine hohe Differenzierungsfähigkeit ist bis zu einem Alter von 8;2 Jahren gegeben. Bei älteren Kindern ist mit Deckeneffekten zu rechnen.

Es werden keine IQ-Werte, jedoch Prozentränge angeboten.

2.2 Eignung als Screening

Als Screening nicht geeignet

Bei Einsatz als Gruppentest ist Testungsdauer für Screening zu lang, zudem maximal neun Kinder gleichzeitig testbar.

Bei älteren Kindern mögliche Deckeneffekte beachten.

2.3 Eignung zur Profilerstellung

Kein Fähigkeitsprofil

Aufgrund der Eindimensionalität der CPM ist die Erstellung eines Intelligenzprofils nicht möglich.

2.4 Eignung für die Schullaufbahnberatung

Für die Schullaufbahnberatung eingeschränkt geeignet

Aufgrund des eingeschränkten Messbereichs (fluide Intelligenz mit ausschließlich figuralem Aufgabenmaterial) nur in Kombination mit mehrdimensionalen Tests geeignet; insbesondere Ergänzung um Tests verbaler Fähigkeiten als wichtige Prädiktoren für Schulerfolg (Vock, 2008).

Bei älteren Kindern mögliche Deckeneffekte beachten.

2.5 Eignung für Selektionsentscheidungen

Für Selektionsentscheidungen eingeschränkt geeignet

Bei älteren Kindern mögliche Deckeneffekte beachten.

3 Normierung

3.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

3.2 Aktualität der Normen

Überprüfung/Aktualisierung der Normen erforderlich. Keine IQ-Normen.

Normierung: 1998 in Frankreich, 1999 in Deutschland.

Prozentränge für Altersgruppen (Halbjahresschritte für Altersbereich 3;9-10;8 Jahre sowie eine Norm für Altersgruppe von 10;9-11;8 Jahre); je Altersbereich n = 65-107.

Computerversion greift auf Daten aus einer älteren deutschen Normierungsstudie für die Papier-Bleistift-Version zurück (Schmidtke, Schaller & Becker, 1980).

3.3 Repräsentativität der Normen

Angaben zur Beurteilung der Repräsentativität der Normen nicht ausreichend

1.218 Kinder im Alter von 3;9-11;8 Jahren aus Deutschland und Frankreich, keine weiteren Angaben.

Laut den Autoren zeigten die Werte der Stichproben in Deutschland und Frankreich keine bedeutenden Unterschiede in Mittelwerten und Verteilung, weswegen beide Stichproben für die CPM-Normierung zusammengelegt wurden.

4 Objektivität

4.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

4.2 Durchführungsobjektivität

Durchführungsobjektivität weitestgehend gegeben

Standardisierte verbale Instruktion für die Papier-Bleistift-Version und Puzzleversion vorhanden.

Standardisierte schriftliche Instruktion in der Computerversion.

Im Handbuch wird keine standardisierte nonverbale Instruktion für die Puzzleform angeboten.

4.3 Auswertungsobjektivität

Auswertungsobjektivität gegeben

Genaue Auswertungshinweise vorhanden.

Die Auswertung der Computerversion erfolgt automatisch.

4.4 Interpretationsobjektivität

Interpretationsobjektivität weitestgehend gegeben

Normtabellen und zusätzliche Interpretationshinweise vorhanden.

Die Interpretationshinweise fallen insgesamt knapp aus.

5 Reliabilität

5.1 Vorbemerkungen

Angaben zur Beurteilung der Reliabilität nicht ausreichend. Die Angaben im Manual sind unübersichtlich. Es wird auf verschiedene Studien aus anderen Ländern verwiesen, die zum größten Teil vor 1990 durchgeführt wurden. Neuere Untersuchungen fehlen.

5.2 Paralleltest-Reliabilität

Angaben zur Beurteilung der Paralleltestreliabilität nicht ausreichend

5.3 Testhalbierungsreliabilität

Angaben zur Beurteilung der Testhalbierungsreliabilität nicht ausreichend

Aktuelle Ergebnisse (< 30 Jahre) mit deutschen Stichproben fehlen.

5.4 Retest-Reliabilität

Angaben zur Beurteilung der Retest-Reliabilität nicht ausreichend

Aktuelle Ergebnisse (< 30 Jahre) mit deutschen Stichproben fehlen.

5.5 Interne Konsistenz

Angaben zur Beurteilung der internen Konsistenz nicht ausreichend

Aktuelle Ergebnisse (< 30 Jahre) mit deutschen Stichproben fehlen.

5.6 Profilreliabilität

Profil-Reliabilität entfällt (Keine Profilerstellung möglich)

6 Validität

6.1 Vorbemerkungen

Angaben zur Beurteilung der Validität nicht ausreichend. Die Angaben im Manual sind unübersichtlich. Es wird auf verschiedene Studien aus anderen Ländern verwiesen, die zum größten Teil vor 1990 durchgeführt wurden. Neuere Untersuchungen fehlen.

6.2 Konstruktvalidität

Angaben zur Beurteilung der Konstruktvalidität nicht ausreichend

Befundlage uneindeutig.

Für die faktorielle Validität werden Ein- bis Drei-Faktoren-Lösungen diskutiert. Am häufigsten wird eine Drei-Faktoren-Lösung gefunden: (1) abstraktes Denken in Analogien, (2) Vervollständigung des Musters durch Identität und Gestaltschließung und (3) einfache Vervollständigung des Musters (z.B. für den deutschen Sprachraum Schmidtke & Schaller, 1979, 1980; Wenke & Müller, 1966; Wiedl & Carlson, 1976).

6.3 Kriteriumsvalidität

Kriteriumsvalidität weitestgehend gegeben

Zusammenhänge mit anderen Intelligenztests

HAWIK (z.T. keine Angaben zur Version):

n = 90, 2. Klasse einer Schweizer Grundschule (Flammer, Grubenmann, Inauen & Schuler, 1972); mittlere Korrelation mit HAWIK-IQ (.48) und mit HAWIK-Handlungsteil (.61), niedriger Zusammenhang mit HAWIK-Verbalteil (.11).

unbekannte Stichprobe (Müller, 1970); hohe Korrelation mit HAWIK-IQ (.73).

n = 702 Kinder, 10-11 Jahre (Wilkes & Weigel, 1998); hohe Korrelation mit HAWIK-R-IQ (.67); es zeigten sich hochsignifikante Mittelwertsunterschiede zwischen den ermittelten Intelligenzleistungen: CPM Gesamt-IQ lag ca. 10 Punkte über HAWIK-R IQ.

6.4 Prognostische Validität

Angaben zur prognostischen Validität fehlen

7 Ökonomie

7.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

7.2 Durchführungsökonomie

Durchführung ökonomisch

Trotz Powertestung ohne Zeitbegrenzung in der Regel schnell durchführbar.

Einzeltestung: 20 bis 45 Min.

Gruppentestung: ca. 90 Min.

7.3 Auswertungsökonomie

Auswertung ökonomisch

Auswertung dauert nur wenige Minuten

8 Weiterführendes

8.1 Vorgängerversion

Becker, P., Schaller, S. & Schmidtke, A. (1980). Coloured Progressive Matrices. Deutsche Bearbeitung (2. Aufl.). Weinheim: Beltz.

8.2 Literaturangaben

Eberhard, G. & Huber, C. (1993). Coloured Progressive Matrices Version 1.00 [Manual und Software]. Mödling: Schuhfried.

Flammer, A., Grubenmann, S., Inauen, E. & Schuler, S.G. (1972). Empirische Untersuchung zur Äquivalenz von Intelligenztests an achtjährigen Schweizer Kindern. Schweizerische Zeitschrift für Psychologie, 31, 39-50.

Müller, R. (1970). Eine kritische empirische Untersuchung des „Draw-a-man test“ und der „Coloured Progressive Matrices“. Diagnostica, 16, 138-147.

Raven, J., Raven, J.C. & Court, J.H. (1996). Manual for Raven’s Progressive Matrices and Vocabulary Scales. Oxford: Oxford Psychologists Press.

Schmidtke, A. & Schaller, S. (1979). Vergleichsuntersuchungen zur faktoriellen Struktur der Farbigen Progressiven Matrizen (CPM) von Raven (Forschungsberichte Nr. 7). Mannheim: Universität Mannheim, Otto-Selz-Institut für Psychologie und Erziehungswissenschaft.

Schmidtke, A. & Schaller, S. (1980). Comparative study of factor structure of Raven’s Coloured Progressive Matrices. Perceptual and Motor Skills, 51, 1244-1246.

Schmidtke, A., Schaller, S. & Becker, P. (1980). CPM. RAVEN-Matrizen-Test. Coloured Progressive Matrices. Manual (2. verbesserte Aufl.). Weinheim: Beltz.

Spearman, C. (1904). ‘General intelligence’ objectively determined and measured. American Journal of Psychology, 15, 201–293.

Vock, M. (2008). Non-verbaler Intelligenztest (SON-R 2½-7). Dt. Standardisierung von P.J. Tellegen, J.A. Laros & F. Petermann. Unter Mitarbeit von Nina Janke, Norbert Karpinski und Anja Renziehausen (2007) [Testinformation]. Diagnostica, 54, 112-115.

Wenke, W. & Müller, U. (1966). Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes einzelner diagnostischer Kurzverfahren bei der Schülerauslese. Zeitschrift für Psychologie, 172, 82-116.

Wiedl, K.H. & Carlson, J. (1976). The factorial structure of the Raven Coloured Progressive Matrices Test. Educational and Psychological Measurement, 36, 409-413.

Wilkes, J. & Weigel, A. (1998). Vergleich von HAWIK-R und den Progressiven Matrizentests (Raven) in einer klinischen Inanspruchnahmepopulation. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 26, 261-265.