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Lernen im Vorübergehen

Keinem sollte das Lernen so leicht fallen wie einem hochbegabten Menschen. Mit Einschränkungen, wird sich der ein oder andere denken. Vielleicht macht es einen Unterschied, wie oder in welchem Bereich gelernt wird, ob fremd- oder selbstbestimmt. In diesem Beitrag zitiere ich die Worte eines angehenden Abiturienten, der hochbegabt ist und zum Ende seiner Schulzeit feststellt, dass er - leichtfüßig, beliebt und selbstbewusst - durch die Schule marschiert ist, aber nun seinen gewünschten NC nicht schafft. Wirklich kein Problemfall! Aber lesen Sie selbst.

Oktober 2009

Von: Götz Müller


Keinem sollte das Lernen so leicht fallen wie einem hochbegabten Menschen. Mit Einschränkungen, wird sich der ein oder andere denken. Vielleicht macht es einen Unterschied, wie oder in welchem Bereich gelernt wird, ob fremd- oder selbstbestimmt. In diesem Beitrag zitiere ich die Worte eines angehenden Abiturienten, der hochbegabt ist und zum Ende seiner Schulzeit feststellt, dass er - leichtfüßig, beliebt und selbstbewusst - durch die Schule marschiert ist, aber nun seinen gewünschten NC nicht schafft. Wirklich kein Problemfall! Aber lesen Sie selbst.

Lernen geht ja wie von allein

Lernen geht ja wie von allein: Im Vorbeigehen, Halb-Zuhören, beim Schlafen, Essen oder Fernsehen – so hatte ich mir das mal gedacht. Und so habe ich auch das Lernen gelernt, nämlich gar nicht. Viele Dinge sind mir in den Schoß gefallen, ich musste nie großartig was dafür tun, dass ich mir Namen und Nummern merken konnte. Früher konnte ich in der Schule Bücher unter dem Tisch lesen und trotzdem die Mathe-Aufgabe an der Tafel halbwegs lösen, wenn der Lehrer mich nach vorne rief. Ich wusste nicht, was Anstrengung ist. Hatten meine Eltern mal die Fernbedienung vom Fernseher versteckt, so dauerte es keine 2 Minuten und sie war wieder im Gebrauch. Es war kinderleicht. Waren das noch Zeiten!

Jetzt mache ich Abitur und mir geht es auch nicht wirklich schlecht dabei. Es wird nicht gut, aber auch nicht schlecht werden. Aber ich merke immer mehr, dass ich das Lernen nicht gelernt habe. Ich habe bisher Texte kurz überflogen, mir was aus den Äußerungen der anderen zusammengereimt und dann was Passables formuliert. Kleine Arbeiten habe ich aber so gut wie nie erledigt. Woran das gelegen hat, weiß ich auch nicht genau. Sehr wahrscheinlich hab ich es einfach nicht besser gewusst. Mir fällt es kolossal schwer, mich an den Schreibtisch zu setzen, seitenweise Geschichte reinzupauken und alle Mathe-Klausuren nachzurechnen – vorausgesetzt, ich finde sie überhaupt. Wenn ich darüber nachdenke, ärgere ich mich über mich selbst. Hätte ich doch früher damit begonnen, die Schule ernst zu nehmen! Hätte ich mich doch einmal angestrengt! Und hätte ich mir mal Gedanken über das Lernen gemacht!

Aber wie hätte ich Schule ernst nehmen sollen, wo ich sie doch nur leicht nehmen konnte? Und wie hätte ich mir Gedanken über das Lernen machen sollen, wo ich es doch im Vorbeigehen, Halb-Zuhören, beim Schlafen, Essen oder Fernsehen gelernt habe?