Diagnostik mit Intelligenztests

Beratung

AID 3 – Adaptives Intelligenz Diagnostikum 3 (Version 3.1)

Altersbereich: 6;0 bis 15;11 Jahre

Test-Typ: Einzeltest

Erscheinungsjahr: 2014

Verlag: Beltz, Göttingen

AID 3 – Adaptives Intelligenz Diagnostikum 3 (Version 3.1)

1 Beschreibung

1.1 Zielsetzung und Grundlagen

Der AID 3.1 dient der Erfassung komplexer und basaler Kognitionen bei Kindern ab 6 Jahren und Jugendlichen bis 15;11 Jahren und verfolgt dabei das Ziel einer förderorientierten Diagnostik.

Der AID 3.1 orientiert sich inhaltlich am Testkonzept von David Wechsler und es finden sich im Test z.T. ähnliche Subtests wie im HAWIK. In Anlehnung an die Investmenttheorie von Cattell (1987) wird Intelligenz gesehen als „die Gesamtheit aller kognitiven Voraussetzungen, die notwendig sind, um Wissen zu erwerben und Handlungskompetenzen zu entwickeln“. Die Autoren des AID 3.1 lehnen die Generalfaktortheorie nach Spearman ab; stattdessen steht die Profilinterpretation im Vordergrund. Zudem wird ein Kompensationsmodell abgelehnt, nach dem Defizite in einem Bereich durch Fähigkeiten in einem anderen ausgeglichen werden können. Stattdessen wird ein Defizitmodell („jede Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied“) vertreten.

Methodisch realisiert der AID 3.1 das in der probabilistischen Testtheorie verankerte „adaptive Testen“: Der Testperson werden weitestgehend nur die Aufgaben gestellt, die ihrem Leistungsniveau entsprechen.

1.2 Aufbau

  • 12 Subtests, unterteilt in zwei Bereiche mit je 6 Subtests: verbal-akustische und manuell-visuelle Fähigkeiten, 5 Zusatztests.
  • Empirischer Nachweis von förderungsabhängigen Subtests („Alltagswissen“, „Synonyme Finden“ und „Soziales Erfassen und Sachliches Reflektieren“) und eher förderungsunabhängigen Subtests (restliche Subtests): Testleistung bei förderabhängigen Subtests indiziert Ausmaß an bisheriger Förderung des Kindes.
  • Überwiegend Power-Tests mit freiem Antwortformat.
  • Standardmäßig adaptive Testvorgabe („branched testing“) oder konventionelle Testvorgabe von 10 Subtests und 1 Zusatztest.
  • Ausschließlich konventionelle Testvorgabe für 2 Subtests und 4 Zusatztests.
  • Sprachfreie Instruktionen für 6 Subtests und 6 Zusatztests möglich.
  • Kurzform vorhanden (adaptiv, 5 Subtests, 1 Zusatztest).
  • Bildung von Parallelformen bei 8 Subtests für Wiederholungstestungen möglich.

1.3 Quellen

Kubinger, K.D. & Holocher-Ertl, S. (2014). AID 3. Adaptives Intelligenz Diagnostikum 3 (Version 3.1). Göttingen: Beltz.

2 Anwendung

2.1 Zusammenfassung

Für die Hochbegabungsdiagnostik weist der AID 3.1 den Vorzug auf, dass durch das adaptive Testen ausreichend schwere Aufgaben für die Testperson ausgewählt werden können. Diese Vorgehensweise verhindert eine potenzielle Demotivation durch Aufgaben, die von der Testperson als zu leicht empfunden werden (bei testängstlichen Personen kann sie aber auch zu geringeren Testleistungen führen; Ortner & Caspers, 2011). Zudem ist die Messgenauigkeit des AID 3.1 auch im Bereich hoher Begabung sicher gestellt.

Es werden keine Deckeneffekte für die vorgesehene Altersgruppe berichtet.

Der erreichbare Höchstwert liegt bei T=81 bzw. IQ=146.

2.2 Eignung als Screening

Als Screening nicht geeignet

Der AID 3.1 ist nicht als Gruppentest durchführbar.

2.3 Eignung zur Profilerstellung

Fähigkeitsprofil möglich

Mit dem AID 3.1 ist die Erstellung eines Fähigkeitsprofils möglich, so dass die Intelligenzstruktur einer Person abgebildet werden kann.

Angaben zu kritischen Differenzen für Subtestunterschiede vorhanden.

2.4 Eignung für die Schullaufbahnberatung

Für Schullaufbahnberatung geeignet

Es handelt sich um ein mehrdimensionales Verfahren, mit guter Differenzierung und Normen im relevanten Altersbereich.

2.5 Eignung für Selektionsentscheidungen

Für Selektionsentscheidungen weitestgehend geeignet

Vorgänger AID 2.2 erfasst Reasoning-Komponente unzureichend und sollte daher durch andere Verfahren, wie z.B. Tests aus der CFT-, der SON- oder der Raven-Matrizen-Reihe, ergänzt werden (Holocher-Ertl, Kubinger & Hohensinn, 2008). Diese Aussage gilt vermutlich auch für den AID 3.1, wobei Studien dazu noch ausstehen.

3 Normierung

3.1 Vorbemerkungen

Unklar wie viele Personen welche Subtests bearbeitet haben

3.2 Aktualität der Normen

Aktualität der Normen gegeben

Normierung: 2010/2011.

Erhebung nach Klumpenstichprobenverfahren unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht und Schultypen (nur drei Subtests wurden allen Personen vorgegeben).

Altersspezifische (z.T. auch geschlechtsspezifische) Normen (T-Werte) in Einjahresabständen.

PR für kognitive Mindestfähigkeit und Range der Intelligenz (Grad der Differenziertheit des erfassten Fähigkeitsspektrums).

Auf Berechnung des „IQ“ wurde ursprünglich verzichtet, jedoch wurden nachträglich Optionen zur IQ-Bestimmung eingeführt (1. IQ-Bestimmung über Transformation der kognitiven Mindestfähigkeit, 2. IQ-Bestimmung über Werte des 1. Faktors einer Faktorenanalyse über bestimmte Subtests).

3.3 Repräsentativität der Normen

Repräsentativität der Normen weitestgehend gegeben

n = 2.165 Kinder und Jugendliche (51 % Mädchen) aus Deutschland (n = 416 aus RP, NW, ST) und Österreich (n = 1.749 aus K, NÖ, OÖ, S, ST, W).

Repräsentativität in Bezug auf Alters- sowie Stadt-Land-Verteilung geprüft, keine bedeutsamen Unterschiede hinsichtlich der Nationalität, Repräsentativität hinsichtlich des Schultyps fraglich (Grundschule 49 %, Hauptschule 20 %, Realschule 4 %, Gymnasium 28 %); Angaben zu Sozialschicht und Bildungshintergrund fehlen.

Geschlechterunterschiede bei einigen Subtests zugunsten der Jungen (insbes. Bei „Alltagswissen“ und „Angewandtes Rechnen“).

4 Objektivität

4.1 Vorbemerkungen

Der AID 3.1 ist ein besonders komplexes und aufwändiges Verfahren, so dass die Objektivität in besonderer Weise von der Qualifikation der Testleiterin bzw. des Testleiters abhängt.

4.2 Durchführungsobjektivität

Durchführungsobjektivität weitestgehend gegeben

Standardisierte schriftliche und mündliche Instruktionen vorhanden.

Sprachfreie Instruktionen existieren für neun Sub- bzw. Zusatztests.

Systematische Beobachtung während der Testung mit dem Beiblatt für Beobachtungen der Arbeitshaltungen: Qualitative Beurteilung des Arbeits- und Kontaktverhaltens bei Leistungsanforderungen (u.a. Fein- und Grobmotorik oder Arbeitstempo) anhand von jeweils drei unterschiedlichen Ausprägungsgraden, die sprachlich ausformuliert sind.

4.3 Auswertungsobjektivität

Auswertungsobjektivität weitestgehend gegeben

Genaue Auswertungshinweise vorhanden (inklusive Auswertungsbeispiele).

Computergestütztes Auswertungsprogramm AID_3_Score vorhanden (muss zusätzlich erworben werden).

Bei den Subtests 6 (Synonyme Finden), 9 (Funktionen Abstrahieren), 11 (Soziales Erfassen und Reflektieren) sowie 10a (Strukturieren-visumotorisch) gibt es eine gewisse Ermessensfreiheit bei der Auswertung.

Testleiterunabhängigkeit bei Vorgänger AID geprüft: n = 154 Kinder, zweimal getestet, signifikante Testleitereffekte für 4 Subtests (Synonyme Finden, Funktionen Abstrahieren, Kodieren und Assoziieren, Analysieren und Synthetisieren).

Ersetzen des Subtests 6 (Synonyme Finden) durch den Zusatztest 6a (Antonyme Finden) erscheint sinnvoll, da für letzteren die Verrechnungssicherheit aufgrund eines vollständigen Kataloges von Lösungen gegeben ist. Allerdings ist die Testleiterunabhängigkeit für den Zusatztest 6a bislang nicht überprüft worden.

4.4 Interpretationsobjektivität

Interpretationsobjektivität gegeben

Normtabellen und ausführliche Interpretationshinweise (inkl. Interpretationsbeispiele) vorhanden.

5 Reliabilität

5.1 Vorbemerkungen

Angaben zur Reliabilität im Manual sind etwas verwirrend, da z.T. statt aktueller Ergebnisse zum AID 3.1 Angaben zu den Vorgängerversionen berichtet werden.

5.2 Paralleltest-Reliabilität

Angaben zur Paralleltestreliabilität fehlen

5.3 Testhalbierungsreliabilität

Angaben zur Testhalbierungsreliabilität fehlen

5.4 Retest-Reliabilität

Angaben zur Retest-Reliabilität fehlen

5.5 Interne Konsistenz

Interne Konsistenz gegeben

Die interne Konsistenz ist wegen der Geltung des Rasch-Modells für 10 Subtests und alle Zusatztests gegeben.

Die modellgemäßen (minimalen und maximalen) Standardschätzfehler werden angeben: Subtests (Min. 0.55-0.89, Max. 1.10-2.48), Kurzform (Min. 0.66-0.76, Max. 1.15-1.57), Parallelform (Min. 0.59-0.89, Max. 1.19-1.59).

5.6 Profilreliabilität

Angaben zur Profilreliabilität fehlen

6 Validität

6.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

6.2 Konstruktvalidität

Konstruktvalidität gegeben

Eichstichprobe; Exploratorische Faktorenanalysen (ohne Zusatztests) bestätigen Vierfaktorenstruktur: (1) Informationsverarbeitung in der gesellschaftlichen Umwelt, (2) Informationsverarbeitung neuer Inhalte, (3) Auffassungskapazität, und (4) (Re-)Produktionsfähigkeit durch Strukturierung. Zumeist hohe Ladungen der Subtests auf einem Faktor (.60-.90); Subtests 2 (Realitätssicherheit) und 4 (Soziale und Sachliche Folgerichtigkeit) sind keinem der Faktoren eindeutig zuordenbar.

6.3 Kriteriumsvalidität

Angaben zur Bewertung der Kriteriumsvalidität nicht ausreichend

Keine Befunde zum AID 3.1, im Manual werden die Befunde der Vorgängerversionen AID 2.2 berichtet.

6.4 Prognostische Validität

Angaben zur prognostischen Validität fehlen

7 Ökonomie

7.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

7.2 Durchführungsökonomie

Durchführung ökonomisch

Ca. 40 bis 75 Min., pro Zusatztest weitere 2 bis 10 Min.

Adaptives Testen ermöglicht genaue Messung trotz relativ weniger Aufgaben.

7.3 Auswertungsökonomie

Auswertung ökonomisch

Im Manual dazu keine Angaben.

Angaben für Vorgänger AID 2.2: Manuelle Auswertung ca. 10 Min., Computerprogramm 1-2 bis 2 Min. (Wolff, 2001).

8 Weiterführendes

8.1 Vorgängerversion

Kubinger, K.D. (2009). AID 2. Adaptives Intelligenz Diagnostikum 2 (Version 2.2). Göttingen: Beltz.

8.2 Literaturangaben

Cattell, R.B. (1987). Intelligence: its structure, growth, and action. Amsterdam: Elsevier.

Holocher-Ertl, S., Kubinger, K.D. & Hohensinn, C. (2008). Hochbegabungsdiagnostik: HAWIK-IV oder AID 2. Kindheit und Entwicklung, 17, 99-106.

Ortner, T.M., & Caspers, J. (2011). Consequences of test anxiety on adaptive versus fixed item testing. European Journal of Psychological Assessment, 27, 157-163.

Wolff, J. (2001). AID 2 - Adaptives Intelligenz Diagnostikum 2 (PSYNDEX Tests Review). In Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID) (Hrsg.), Elektronisches Testarchiv. Online im Internet, URL: www.zpid.de (Stand: 28.2.2015).