Diagnostik mit Intelligenztests
BEFKI 8-10 – Berliner Test zur Erfassung fluider und kristalliner Intelligenz für die 8. bis 10. Jahrgangsstufe
Altersbereich: 8. bis 10. Klasse (ca. 13;0 bis 17;11 Jahre)
Test-Typ: Einzel- und Gruppentest
Erscheinungsjahr: 2009
Verlag: Hogrefe, Göttingen

1 Beschreibung
1.1 Zielsetzung und Grundlagen
Der BEFKI 8-10 erfasst allgemeine kognitive Fähigkeiten im Sinne fluider und kristalliner Intelligenz bei Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 8 bis 10.
Als theoretische Grundlage für die Konstruktion des Verfahrens wurden die Theorie fluider und kristalliner Intelligenz von Horn und Cattell (1966) sowie die Drei-Stratum-Theorie der Intelligenz von Carroll (1993) herangezogen.
Bei der Operationalisierung der kristallinen Intelligenz orientierten sich die Autoren dabei stärker an Horn und Cattell (1966), bei der Operationalisierung der fluiden Intelligenz stärker an Carroll (1993). Die kristalline Intelligenz wird über Allgemeinwissen bzw. deklaratives Wissen in 16 Bereichen abgebildet, die fluide Intelligenz über schlussfolgerndes Denken im verbalen, numerischen und figuralen Bereich.
1.2 Aufbau
- 4 Subtests im Multiple-Choice-Format: (1) Schlussfolgerndes Denken – verbal (16 Aufgaben), (2) Schlussfolgerndes Denken – numerisch (16 Aufgaben), (3) Schlussfolgerndes Denken – figural (16 Aufgaben) und (4) Allgemeinwissen (64 Aufgaben aus Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften).
- Die Subtests 1 bis 3 erfassen die fluide Intelligenz (verbal, numerisch, figural), Subtest 4 die kristalline Intelligenz (deklaratives Wissen).
- Testung in Langform (Subtests 1-4) oder in Kurzform (Subtests 1 & 4) möglich: Die Autoren empfehlen die Durchführung der Langform.
- Pseudoparallelformen verfügbar (bei den Tests zur Erfassung der fluiden Intelligenz ist die Reihenfolge der Antwortalternativen vertauscht).
1.3 Quellen
Wilhelm, O., Schroeders, U. & Schipolowski, S. (2014). BEFKI 8-10. Berliner Test zur Erfassung fluider und kristalliner Intelligenz für die 8. bis 10. Jahrgangsstufe. Göttingen: Hogrefe.
2 Anwendung
2.1 Zusammenfassung
Eine abschließende Bewertung des BEFKI 8-10 ist nicht möglich.
Die Items sind für die Differenzierung im oberen Begabungsbereich zu leicht. Bei Verdacht auf intellektuelle Hochbegabung ist nach Aussage der Autoren eine genauere Abschätzung mit der Testform ab Jahrgangsstufe 11 zu empfehlen (BEFKI 11+; jedoch noch nicht publiziert).
Der BEFKI 8-10 sollte ausschließlich bei Schülerinnen und Schülern mit ausreichenden Deutschkenntnissen Anwendung finden.
Der erreichbare Höchstwert liegt bei IQ>145.
2.2 Eignung als Screening
Als Screening eingeschränkt geeignet
Als Gruppentest durchführbar. Durchführungszeiten von 40 Minuten (Kurzform) bis 70 Minuten (Langform; sollte bevorzugt verwendet werden, ist aber zu lang für Screening).
2.3 Eignung zur Profilerstellung
Fähigkeitsprofil eingeschränkt möglich
Zur Erstellung eines Intelligenzprofils auf Ebene der Subtests nur eingeschränkt geeignet: mögliche Deckeneffekte müssen beachtet werden. Keine Angaben zu kritischen Differenzen.
2.4 Eignung für die Schullaufbahnberatung
Für die Schullaufbahnberatung eingeschränkt geeignet
Normierung nur für Jahrgangsstufe 8 bis 10. Die Validität wird über Zusammenhänge mit sprachlichen Kompetenzen und Schulnoten gestützt, jedoch fehlen Angaben zur Vorhersagevalidität.
2.5 Eignung für Selektionsentscheidungen
Für Selektionsentscheidungen eingeschränkt geeignet
Aufgrund der möglicherweise eingeschränkten Differenzierungsfähigkeit im oberen Begabungsbereich nur in Kombination mit anderen Verfahren geeignet.
Die internen Konsistenzen liegen z. T. unter .70; damit fallen die Konfidenzintervalle relativ groß aus, was Selektionsentscheidungen, die auf bestimmten Grenzwerten basieren, erschweren kann.
3 Normierung
3.1 Vorbemerkungen
Die Verwendung der Klassenstufennormen ist der Verwendung der Altersnormen vorzuziehen.
3.2 Aktualität der Normen
Aktualität der Normen gegeben
Normierung: April bis Juni 2008.
Alternsnormen (Z-Werte, PR, Vertrauensintervalle, IQ) von 13;0 - 17;11 Jahre in Ein-Jahres-Intervallen, auch getrennt nach Geschlecht.
Klassenstufennormen (Z-Werte, PR, Vertrauensintervalle, IQ) für die Klassenstufen 8, 9 und 10.
Für die Klassenstufen 9 und 10 existieren zusätzlich schulartspezifische Normen (Gymnasium, nicht-gymnasiale Schularten).
3.3 Repräsentativität der Normen
Angaben zur Beurteilung der Repräsentativität der Normen nicht ausreichend
n = 5708 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 8-10 aller Schularten des allgemeinbildenden Schulsystems in allen deutschen Bundesländern mit Ausnahme von Bremen.
Die Schülerinnen und Schüler bearbeiteten zwischen ein und vier Untertests.
Aufgrund ungleichmäßiger Stichprobenverteilung über Klassenstufen und Schularten erfolgte eine entsprechende Gewichtung der Daten zur Berechnung der Klassenstufennormen (9 & 10) und Altersnormen nach amtlicher Schulstatistik. Bestimmte Altersgruppen konnten dabei nur unzureichend abgebildet werden (insb. 14 und 17 Jahre).
Für die 8. Jahrgangsstufe liegen lediglich Normen für Schülerinnen und Schüler, die einen Hauptschulabschluss anstreben, vor.
Eine abschließende Beurteilung der Repräsentativität ist aufgrund von unzureichenden Angaben zur Stichprobe nicht möglich.
4 Objektivität
4.1 Vorbemerkungen
Auswertungs- und Interpretationshinweise verzichten gezielt auf Fachtermini, so dass sie direkt zur Ergebnisrückmeldung verwendet oder bei der Erstellung von Gutachten genutzt werden können.
4.2 Durchführungsobjektivität
Durchführungsobjektivität gegeben
Standardisierte Durchführungsinstruktionen und Zeitvorgaben vorhanden, zusätzlich schriftliche Instruktion im Testheft.
Es werden konkrete Hinweise für die Gestaltung des Durchführungssettings gegeben.
4.3 Auswertungsobjektivität
Auswertungsobjektivität gegeben
Auswertungshinweise (mit Beispielen) sowie Bewertungsregeln und Auswertungsschablonen vorhanden.
4.4 Interpretationsobjektivität
Interpretationsobjektivität gegeben
Normwerte und ausführliche Hinweise zur Interpretation (inkl. Fallbeispiel Hochbegabung) und Ergebnisrückmeldung vorhanden.
5 Reliabilität
5.1 Vorbemerkungen
Keine speziellen Hinweise
5.2 Paralleltest-Reliabilität
Entfällt (Kein Paralleltest vorhanden)
5.3 Testhalbierungsreliabilität
Angaben zur Testhalbierungsreliabilität fehlen
5.4 Retest-Reliabilität
Retest-Reliabilität weitestgehend gegeben
Hülür, Wilhelm & Robitzsch, 2011: n = 225 Schülerinnen und Schüler, Korrelation zwischen echt parallelen Testformen (weitere Angaben fehlen) nach 20 Monaten (erste Testung zu Beginn der 9. Klasse); befriedigende Stabilität des Gesamtskalen (.74 bis .79), unzureichende Stabilität der Subtests (.50 bis .68).
5.5 Interne Konsistenz
Interne Konsistenz weitestgehend gegeben
Ermittelt an gewichteter Normierungsstichprobe.
Gute Werte für Gesamtstichprobe und Klassenstufen 9 und 10: Die interne Konsistenz der Skala der fluiden Intelligenz liegt bei .84, die der Skala der kristallinen Intelligenz bei .88. Die internen Konsistenzen der Skalen für die Klassenstufen 9 und 10 liegen zwischen .82 - .85, für die Klassenstufe 8 jedoch nur bei .68 und .69.
Die Autoren weisen auf eine systematische Verzerrung für Klassenstufe 8 hin, da hier nur Schülerinnen und Schüler getestet wurden, welche einen Hauptschulabschluss anstrebten.
5.6 Profilreliabilität
Angaben zur Profilreliabilität fehlen
6 Validität
6.1 Vorbemerkungen
Keine speziellen Hinweise
6.2 Konstruktvalidität
Konstruktvalidität gegeben
Konfirmatorische Faktorenanalyse mit den Daten der Normierungsstichprobe. Die fluide Intelligenz lässt sich durch eine dreifaktorielle Struktur (verbal, numerisch, figural) am besten beschreiben. Die kristalline Intelligenz lässt sich gleichermaßen gut über ein ein- und ein dreifaktorielles Modell beschreiben.
6.3 Kriteriumsvalidität
Kriteriumsvalidität weitestgehend gegeben
Zusammenhänge mit anderen Intelligenztests:
n = 599 Schülerinnen und Schüler der 8. - 10. Klasse aus 2 Gymnasien, 2 Haupt- und 3 Realschulen, 50% Mädchen, Durchschnittsalter 15.0 Jahre.
Zusammenhänge der fast endgültigen Fassung des BEFKI 8-10 mit 2 Untertests des Kognitiven Fähigkeits-Tests (KFT 4-12+R; Heller & Perleth, 2000), dem Mehrfachwahl-Wortschatz-Intelligenztest (MWT-B; Lehrl, 2005) und dem Wortschatztest (WST; Schmidt & Metzler, 1992): Analyse der Daten mittels Strukturgleichungsmodell; hohe latente Korrelationen von ρ = .99 zwischen Faktoren der fluiden Intelligenz aus BEFKI und KFT sowie von ρ = .93 zwischen dem BEFKI-Faktor kristalline Intelligenz und einem übergeordneten Faktor Wortschatz (konvergente Validität).
Zusammenhänge zwischen BEFKI-Faktor der kristallinen Intelligenz und KFT-Faktor der fluiden Intelligenz sowie zwischen BEFKI-Faktor der fluiden Intelligenz und dem Wortschatzfaktor fielen geringer aus (diskriminante Validität).
Zusammenhänge mit Tests sprachlicher Kompetenzen
Zusammenhänge mit unterschiedlichen sprachlichen Kompetenzen (Lesen, Zuhören, Orthografie und Schreiben in Deutsch; Lese- und Hörverstehen in Englisch; Tests aus DESI Studie): Normierungsstichprobe; hohe Zusammenhänge über alle Kompetenzbereiche hinweg mit fluider Intelligenz (.72 - .78) und kristalliner Intelligenz (.71 - .80).
Zusammenhänge mit Schulnoten
Noten in Deutsch, Englisch und Mathematik: Normierungsstichprobe; niedrige bis mittlere Zusammenhänge für alle drei Fächer mit fluider Intelligenz (.27 - .36) und kristalliner Intelligenz (.28 - .34).
6.4 Prognostische Validität
Angaben zur prognostischen Validität fehlen
7 Ökonomie
7.1 Vorbemerkungen
Keine speziellen Hinweise
7.2 Durchführungsökonomie
Durchführung ökonomisch
Langform (70 Minuten); Kurzform (40 Minuten)
7.3 Auswertungsökonomie
Auswertung ökonomisch
Angaben zur Auswertungsdauer fehlen, doch dürfte diese nur wenige Minuten betragen.
8 Weiterführendes
8.1 Vorgängerversion
Keine
8.2 Literaturangaben
Carroll, J. B. (1993). Human cognitive abilities: A survey of factoranalytic studies. New York, NY: Cambridge University Press.
Dimitrov, D. M. (2003). Marginal true-score measures and reliability for binary items as a function of their IRT parameters. Applied Psychological Measurement, 27, 440-458.
Horn, J. L. & Cattell, R. B. (1966). Refinement and test of the theory of fluid and crystallized intelligence. Journal of Educational Psychology, 57, 253-270.
Hülür, G. Wilhelm, O. & Robitzsch, A. (2011). Multivariate Veränderungsmodelle für Schulnoten und Schülerleistungen in Deutsch und Mathematik. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 43, 173-185.