Diagnostik mit Intelligenztests

Beratung

BIS-HB – Berliner Intelligenzstruktur-Test für Jugendliche: Begabungs- und Hochbegabungsdiagnostik

Altersbereich: 12;6 bis 16;5 Jahre

Test-Typ: Einzel- und Gruppentest

Erscheinungsjahr: 2006

Verlag: Hogrefe, Göttingen

BIS-HB – Berliner Intelligenzstruktur-Test für Jugendliche: Begabungs- und Hochbegabungsdiagnostik

1 Beschreibung

1.1 Zielsetzung und Grundlagen

Der BIS-HB dient der Erfassung der allgemeinen Intelligenz und der Intelligenzstruktur im durchschnittlichen und hohen Begabungsbereich bei Jugendlichen zwischen 12;6 und 16;5 Jahren. Besonderheit ist, dass der BIS-HB auch Einfallsreichtum als eine Facette der Kreativität erfasst.

Theoretisch basiert der BIS-HB auf dem integrativen, mehrdimensionalen und hierarchisch aufgebauten Berliner Intelligenzstrukturmodell (BIS; Jäger, 1982). Alle im BIS spezifizierten Fähigkeiten werden mit dem BIS-HB erfasst: Verarbeitungskapazität, Einfallsreichtum, Merkfähigkeit, Bearbeitungsgeschwindigkeit (als operative Fähigkeiten) sowie sprachgebundenes, zahlengebundenes und anschauungsgebundenes, figural-bildhaftes Denken (als inhaltliche Fähigkeiten) und als Integral all dieser Fähigkeiten die allgemeine Intelligenz.

1.2 Aufbau

  • 45 Aufgabentypen und eine zusätzliche Aufwärmaufgabe, die jeweils sowohl einer operativen als auch einer inhaltlichen Fähigkeit aus dem BIS zugeordnet sind.
  • Die Aufgaben sind in 3 Testheften angeordnet. Maßgebend für die Festlegung der Reihenfolge war der Abwechslungsreichtum der kognitiven Anforderungen.
  • Heft 2 kann als Kurzform mit nur 17 Aufgaben verwendet werden. Aus diesen Aufgaben können dann die Skalen Allgemeine Intelligenz Short Form (AI-S) und Verarbeitungskapazität Short-Form (K-S) gebildet werden.
  • Es existiert kein Paralleltest.

1.3 Quellen

Jäger, A.O., Holling, H., Preckel, F., Schulze, R., Vock, M., Süß, H.-M. & Beauducel, A. (2006). BIS-HB. Berliner Intelligenzstruktur-Test für Jugendliche: Begabungs- und Hochbegabungsdiagnostik. Göttingen: Hogrefe.

2 Anwendung

2.1 Zusammenfassung

Das Verfahren eignet sich besonders für die Intelligenzdiagnostik bei Jugendlichen, bei denen mindestens eine durchschnittliche intellektuelle Begabung vermutet wird.

Der BIS-HB differenziert auch noch im Bereich hoher Begabung (keine Deckeneffekte).

Es liegen Vergleichswerte für Schüler/innen aus mathematisch-naturwissenschaftlichen Spezialschulen sowie speziellen Schulen für allgemein Hochbegabte vor.

Der erreichbare Höchstwert liegt bei IQ=145.

2.2 Eignung als Screening

Als Screening geeignet (Kurzform)

Der BIS-HB ist als Gruppentest einsetzbar und die Kurzform dauert ca. 55 Min.

2.3 Eignung zur Profilerstellung

Fähigkeitsprofil kann erstellt werden

Mit der Langform ist die Erstellung eines Fähigkeitsprofils über vier operative und drei inhaltsgebundene Fähigkeiten möglich, so dass die Intelligenzstruktur einer Person abgebildet werden kann.

Keine Angaben von kritischen Differenzen; diese können aber aus den vorhandenen Informationen berechnet werden.

2.4 Eignung für die Schullaufbahnberatung

Für die Schullaufbahnberatung geeignet

Es handelt sich um ein mehrdimensionales Verfahren, mit guter Differenzierung. Allerdings ist der Tests erst ab 12;6 Jahren normiert.

2.5 Eignung für Selektionsentscheidungen

Für Selektionsentscheidungen geeignet

Es existieren Vergleichswerte für Schüler/innen aus mathematisch-naturwissenschaftlichen Spezialschulen sowie speziellen Schulen für allgemein Hochbegabte.

3 Normierung

3.1 Vorbemerkungen

Vergleich mit Schüler/innen in speziellen Hochbegabtenschulen bzw. -klassen möglich

Vergleiche (über MW und SD) mit Schüler/innen (n = 444) aus mathematisch-naturwissenschaftlichen Spezialschulen sowie speziellen Schulen für allgemein Hochbegabte möglich.

3.2 Aktualität der Normen

Überprüfung/Aktualisierung der Normen in den nächsten Jahren erforderlich

Normierung: 2002/2003.

Altersnormen (IQ-Werte, PR) für vier Gruppen: (1) 12;6-13;5 Jahre (n = 305), (2) 13;6-14;5 Jahre (n = 354), (3) 14;6-15;5 Jahre (n = 358) und (4) 15;6-16;5 Jahre (n = 311).

Keine Klassen- und schultypspezifische Normen.

Separate Normentabellen für die Auswertung der Aufgaben zu Einfallsreichtum nach Ideenflüssigkeit (U-Modus) und nach Ideenflüssigkeit und -flexibilität (U- und X-Modus) sowie für die Kurzskalen.

Für die Kurzform wurde keine eigenständige Normierung vorgenommen, es wurden jedoch aus der Normierung der Langform entsprechende Normen für die Kurzform-Testteile erstellt.

3.3 Repräsentativität der Normen

Repräsentativität der Normen weitestgehend gegeben

1.326 Schüler/innen (n = 598) und Schüler (n = 728) aus Hauptschulen (n = 223), Realschulen (n = 201), Gymnasien (n = 495) und speziellen Schulen für intellektuell besonders begabte Schüler/innen (n = 407) aus fünf Bundesländern (NRW, BY, NI, SN, MV).

Normen sind im Hinblick auf Schüleranzahl nach Schularten aus dem Schuljahr 2001/02 annähernd repräsentativ; kein Vergleich der beruflichen Stellungen der Eltern mit den Bevölkerungsdaten aufgrund der Menge an fehlenden Daten möglich.

Hinweise auf leichte Unterschätzung der IQ-Werte (Frenzel & Nett, 2008).

Testfairness ist gegenüber ausländischen Schüler/innen, die zumindest neun Jahre Deutsch sprechen, gegeben.

4 Objektivität

4.1 Vorbemerkungen

Beim BIS-HB handelt es sich um ein aufwändiges und komplexes Instrument, so dass die Objektivität in besonderer Weise von der Qualifikation der Testleiterin bzw. des Testleiters abhängt.

4.2 Durchführungsobjektivität

Durchführungsobjektivität gegeben

Standardisierte schriftliche und mündliche Instruktionen vorhanden.

4.3 Auswertungsobjektivität

Auswertungsobjektivität weitestgehend gegeben

Auswertungshinweise sowie Auswertungsschablonen für alle Aufgaben mit Ausnahme der Einfallsreichtumaufgaben vorhanden.

Aufgaben zum Einfallsreichtum können nach Menge der Ideen (Flüssigkeit) und Unterschiedlichkeit der Ideen (Flexibilität) ausgewertet werden. Es stehen Lösungsblätter mit aufgabenspezifischen Bewertungsvorschriften zur Verfügung. Gute bis sehr gute Beurteilerübereinstimmung (ICCs: .82 bis .98; MW = 93). Eine Kontrolle der Auswertung durch einen Zweitkorrektor wird empfohlen.

4.4 Interpretationsobjektivität

Interpretationsobjektivität gegeben

Normwerte und Interpretationshinweise sind vorhanden.

Normorientierte und ipsative Ergebnisrückmeldungsbögen inklusive Erläuterungen sind vorhanden.

5 Reliabilität

5.1 Vorbemerkungen

Die Zuverlässigkeit der Skalen ist gewährleistet. Die Rückmeldung der Fähigkeitsprofile erfolgt mit Angabe von Konfidenzintervallen (95% oder 99%).

5.2 Paralleltest-Reliabilität

Paralleltest-Reliabilität entfällt (Kein Paralleltest vorhanden)

5.3 Testhalbierungsreliabilität

Testhalbierungsreliabilität gegeben

Normierungsstichprobe; die Split-half-Reliabilitäten der einzelnen Skalen und des Gesamttests sind akzeptabel bis sehr gut (.79-.92; Kurzform .87-.89).

5.4 Retest-Reliabilität

Retest-Reliabilität gegeben

115 Gymnasiast/innen einer speziellen Schule für mathematisch-naturwissenschaftlich Begabte; bei einem Test-Retest-Intervall von 6 Monaten ist die Stabilität der einzelnen Skalen und des Gesamttests akzeptabel bis gut (.71-.84; Kurzform .72.-.77).

5.5 Interne Konsistenz

Interne Konsistenz gegeben

Normierungsstichprobe; gute bis sehr gute interne Konsistenz der Skalen und des Gesamttests (.81-.95; Kurzform .85-.88).

5.6 Profilreliabilität

Angaben zur Profilreliabilität fehlen

6 Validität

6.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

6.2 Konstruktvalidität

Konstruktvalidität gegeben

Normierungsstichprobe; die strukturelle Invarianz des BIS-HB konnte mit Hilfe konfirmatorischer Faktorenanalysen im Mehrgruppenvergleich sowohl bei durchschnittlich begabten als auch bei hochbegabten Testpersonen (Modellfit: gut) und über die vier verschiedenen Altersnormgruppen (Modellfit: sehr gut) bestätigt werden.

6.3 Kriteriumsvalidität

Kriteriumsvalidität gegeben

Zusammenhänge mit anderen Intelligenztests

CFT-20 (Weiß, 1998): n = 1080, BIS-HB Normierungsstichprobe; mittlere bis hohe Zusammenhänge, insb. mit Verarbeitungskapazität (.35-.74).

HAWIK-III, Skala Arbeitsgeschwindigkeit (Tewes, Rossmann & Schallberger, 2000): n = 532, BIS-HB Normierungsstichprobe; mittlere Zusammenhänge (.32-.55), insb. mit Bearbeitungsgeschwindigkeit (.66).

Zusammenhänge mit Kreativitätstests

TSD-Z (Urban & Jellen, 1995): n = 121, BIS-HB Normierungsstichprobe; mittlere Zusammenhänge mit allen Skalen (.24-.36).

VKT (Schoppe, 1975): n = 146, BIS-HB Normierungsstichprobe; mittlere Zusammenhänge (.23-.46), insbesondere mit Einfallsreichtum und verbalem Denken (.48-.52).

Zusammenhänge mit Schulnoten

n = 927 bis 1320, BIS-HB Normierungsstichprobe.

Gesamtnotenschnitt: mittlere Zusammenhänge, insb. mit der allgemeinen Intelligenz BIS-AI (.41-.54);

Noten in mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern: mittlere Zusammenhänge, insbesondere mit Verarbeitungskapazität und zahlengebundenem Denken (.29-.47);

Noten in sprachlichen Fächern: mittlere Zusammenhänge, insbesondere mit sprachgebundenem Denken (.37-.49);

Kunstnoten: niedrige bis mittlere Zusammenhänge, insbesondere mit figural-bildhaftem Denken (.20-.35).

Zusammenhänge mit Selbsteinschätzungen

Skala Einfallsreichtum mit Selbsteinschätzung der Kreativität: kleine bis mittlere Zusammenhänge (.16-.28).

6.4 Prognostische Validität

Prognostische Validität gegeben

114 Gymnasiast/innen einer speziellen Schule für mathematisch-naturwissenschaftlich Begabte, Zeitintervall von sechs Monaten.

Gesamtnotenschnitt: mittlere Zusammenhänge, insbesondere mit der allgemeinen Intelligenz BIS-AI (.34-.57);

Noten in mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern: mittlere Zusammenhänge, insbesondere mit zahlengebundenem und figural-bildhaftem Denken (.23-.51);

Noten in sprachlichen Fächern: mittlere bis relativ hohe Zusammenhänge, insbesondere mit sprachgebundenem Denken (.33-.60);

Kunstnoten: keine bis mittlere Zusammenhänge, insbesondere mit figural-bildhaftem Denken (.04-.23).

7 Ökonomie

7.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

7.2 Durchführungsökonomie

Durchführung Langform aufwändig

Gesamtdauer: ca. 2 Std. 50 Min., inkl. zweier Pausen von 15 Min. zwischen den Testheften.

Kurzform: ca. 55 Min.

7.3 Auswertungsökonomie

Auswertung der Einfallsreichtumaufgaben aufwändig

Langform: 25 bis 40 Min., in Abhängigkeit des Auswertungsmodus für die Einfallsreichtumaufgaben und der Geübtheit des Auswertenden.

Kurzform: 10 bis 15 Min.

8 Weiterführendes

8.1 Vorgängerversion

Jäger, A.O., Süß, H.-M. & Beauducel, A. (1997). Berliner Intelligenzstruktur-Test (BIS-4). Göttingen: Hogrefe.

8.2 Literaturangaben

Frenzel, A. & Nett, U. (2008). Berliner Intelligenzstrukturtest für Jugendliche: Begabungs- und Hochbegabungsdiagnostik (BIS-HB) von A. O. Jäger et al. [Testrezension]. Diagnostica, 54, 221-225.

Jäger, A.O. (1982). Mehrmodale Klassifikation von Intelligenzleistungen: Experimentell kontrollierte Weiterentwicklung eines deskriptiven Intelligenzstrukturmodells. Diagnostica, 28, 195-225.

Schoppe, K. J. (1975). Verbaler Kreativitätstest (VKT). Göttingen: Hogrefe.

Tewes, U., Rossmann, P. & Schallberger, U. (Hrsg.) (2000). Hamburg-Wechsler-Intelligenz-Test für Kinder III (HAWIK III). Handbuch und Testanweisung (3. Aufl.). Bern: Huber.

Urban, K.K. & Jellen, H.G. (1995). Test zum schöpferischen Denken – zeichnerisch (TSD-Z). Frankfurt a.M.: Swets Test.

Weiß, R.H. (1998). Grundintelligenztest Skala 2 (CFT 20) mit Wortschatztest (WS) und Zahlenfolgentest (ZF). Handanweisung (4. überarb. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.