Diagnostik mit Intelligenztests
IDS-P – Intelligenz- und Entwicklungsskalen für das Vorschulalter
Altersbereich: 3;0 bis 5;11 Jahre
Test-Typ: Einzeltest
Erscheinungsjahr: 2013
Verlag: Huber, Bern

1 Beschreibung
1.1 Zielsetzung und Grundlagen
Die IDS-P dienen der Erfassung der kognitiven und allgemeinen Entwicklung von Kindern im Vorschulalter. Sie zielen darauf ab, frühzeitig Entwicklungsabweichungen aufzudecken und daraus spezifische Fördermaßnahmen abzuleiten.
Das zugrundeliegende Intelligenzmodell wird nicht genau spezifiziert. Impulse zur Entwicklung der IDS-P gingen vom Kramer-Intelligenztest aus (Kramer, 1972), welcher wiederum auf der "Echelle metrique d’intelligence" basiert (Binet & Simon, 1905), sowie von einer kompetenzorientierten Forschungsperspektive (Stone, Smith & Murphy, 1973). Die IDS-P sollen den Stand der kognitiven und allgemeinen Entwicklung von Kindern im Vorschulalter in der Zusammenschau von Kognition, Psychomotorik, sozial-emotionaler Kompetenz, mathematischer Fähigkeit und Sprache abbilden.
1.2 Aufbau
- 15 Subtests, die fünf Funktionsbereichen zugeordnet sind: Kognitive Entwicklung (7 Subtests), Psychomotorik (3 Subtests), Sozial-emotionale Kompetenz (1 Subtest), Denken logisch-mathematisch (1 Subtest), Sprache (3 Subtests).
- Zusätzlich 3 Subtests zum qualitativen Umgang des Kindes mit der Testsituationen.
- Durchführung des Gesamttests oder ausgewählter Module möglich.
- Kein Paralleltest.
1.3 Quellen
Grob, A., Reimann, G., Gut, J. & Frischknecht, M.-C. (2013). Intelligence and Development Scales Preschool (IDS-P). Intelligenz- und Entwicklungsskalen für das Vorschulalter. Bern: Huber.
2 Anwendung
2.1 Zusammenfassung
Eine abschließende Bewertung für die Hochbegabungsdiagnostik ist nicht möglich. Im Manual fehlen Angaben zu Itemschwierigkeiten. Deckeneffekte sind ab einem Alter von 4;8 Jahren möglich.
Der erreichbare Höchstwert liegt bei IQ>145.
2.2 Eignung als Screening
Als Screening nicht geeignet
Nicht als Gruppentest anwendbar.
2.3 Eignung zur Profilerstellung
Fähigkeitsprofil möglich
Inter- und intraindividuelle Intelligenz- und Entwicklungsprofilanalyse zur Darstellung individueller Stärken und Schwächen auf der Ebene der fünf Funktionsbereiche und auf Ebene der Subtests möglich.
Angabe von kritischen Differenzen für den intra- und interindividuellen Vergleich.
Mögliche Deckeneffekte müssen beachtet werden.
2.4 Eignung für die Schullaufbahnberatung
Angaben zur Beurteilung der Eignung für die Schullaufbahnberatung nicht ausreichend
Fehlende Angaben zur prognostischen Validität der IDS-P Testwerte für Fragen der Schullaufbahnberatung (z. B. vorzeitige Einschulung) lassen eine abschließende Beurteilung nicht zu.
2.5 Eignung für Selektionsentscheidungen
Für Selektionsentscheidungen eingeschränkt geeignet
Normen sind aktuell und die internen Konsistenzen für die fünf Funktionsbereiche überwiegend gut.
Bei älteren Kindern mögliche Deckeneffekte beachten.
Aufgrund der möglicherweise eingeschränkten Differenzierungsfähigkeit nur in Kombination mit anderen Verfahren.
3 Normierung
3.1 Vorbemerkungen
Keine speziellen Hinweise
3.2 Aktualität der Normen
Aktualität der Normen gegeben
Normierung: Oktober 2010 bis März 2012. Altersnormen (WP, IQ-Werte, PR) in Viermonatsintervallen.
3.3 Repräsentativität der Normen
Angaben zur Beurteilung der Repräsentativität der Normen nicht ausreichend
n = 700 Kinder aus Deutschland (Raum Hamburg & Chemnitz), Österreich (Raum Salzburg, Linz & Kärnten) und deutschsprachiger Schweiz, Durchschnittsalter nicht genannt, ca. 50 % Mädchen.
Keine bedeutsamen Leistungsunterschiede zwischen den Ländern; keine bedeutsamen Geschlechtseffekte; bedeutsame, jedoch geringe Korrelationen der Subtestmittelwerte mit dem sozio-ökonomischen Status. Keine bedeutsamen Leistungsunterschiede zwischen fremdsprachigen und deutschsprachigen Kindern (Ausnahme: Funktionsbereich Sprache).
Eine abschließende Beurteilung der Repräsentativität der Normen ist aufgrund von unzureichenden Angaben zur Stichprobe nicht möglich.
4 Objektivität
4.1 Vorbemerkungen
Die IDS-P sind ein komplexes und aufwändiges Verfahren, so dass die Objektivität in besonderer Weise von der Qualifikation der Testleiterin bzw. des Testleiters abhängt.
4.2 Durchführungsobjektivität
Durchführungsobjektivität weitestgehend gegeben
Standardisierte Instruktionen (inkl. Nachfrageregeln) vorhanden, Angabe von Einstiegs-, Abbruch- und Umkehrregeln für jeden Subtest.
Unklare Angaben im Manual (u. a. Dauer der Aufgaben, Platzierung des Materials, Anzahl der Versuche) könnten zu praktischen Problemen bei der Durchführung führen (vergleichbar IDS; Koch, Kastner-Koller & Deimann, 2011).
4.3 Auswertungsobjektivität
Auswertungsobjektivität weitestgehend gegeben
Standardisierte Auswertungshinweise (inkl. Beispielen) und Bewertungsregeln vorhanden.
Umfangreiche Bewertungskriterien für die Beurteilung komplexer Leistungen (z. B. Item „Balancieren“ Subtest Grobmotorik, Subtests zum Funktionsbereich Sozial-Emotionale Kompetenz) könnten Auswertungsobjektivität einschränken (vergleichbar IDS; Koch, Kastner-Koller & Deimann, 2011).
Beurteilerübereinstimmung (n = 25 Kinder) für einige Subtests geprüft und gut bis sehr gut (.81 bis .99).
4.4 Interpretationsobjektivität
Interpretationsobjektivität gegeben
Normwerte und Hinweise zur Interpretation (inklusive Fallbeispielen) vorhanden.
5 Reliabilität
5.1 Vorbemerkungen
Keine speziellen Hinweise
5.2 Paralleltest-Reliabilität
Entfällt (Kein Paralleltest vorhanden)
5.3 Testhalbierungsreliabilität
Angaben zur Testhalbierungsreliabilität fehlen
5.4 Retest-Reliabilität
Retest-Reliabilität eingeschränkt gegeben
57 Schweizer Kinder, 36 Jungen, Durchschnittsalter 4;2 Jahre; bei einem Retestintervall von durchschnittlich fünf Monaten gute Stabilität des Gesamtwerts kognitive Entwicklung (.90), jedoch zum Teil nur geringe Stabilitäten der Subtests (.35 - .74).
Gute Stabilität für Denken logisch-mathematisch (.80), größtenteils geringe Stabilitäten der Subtests zur Psychomotorik (.60 - .70), zur sozial-emotionalen Kompetenz (.53) und der Subtests zur Sprache (.44 - .78).
5.5 Interne Konsistenz
Interne Konsistenz weitestgehend gegeben
Normierungsstichprobe; interne Konsistenz ist für die Funktionsbereiche kognitive Entwicklung (Subtests .72 - .93; Ges. .91), sozial-emotionale Kompetenz (.72), Denken logisch-mathematisch (.84) und Sprache (.76 - .85) befriedigend bis sehr gut; interne Konsistenzen der Subtests zur Psychomotorik (.63 - .93) zum Teil nicht ausreichend.
5.6 Profilreliabilität
Profilreliabilität weitestgehend gegeben
Für die (Profil-) Interpretation auf Skalenebene und auf Ebene der Subtests zufallskritische Angaben zu Testwertdifferenzen.
Reliabilität der Differenzwerte bei paarweisem Vergleich der Funktionsbereiche überwiegend befriedigend bis gut (.69 - .85).
Reliabilität der Differenzwerte bei paarweisem Vergleich der Subtests überwiegend befriedigend bis gut (.57 - .86).
6 Validität
6.1 Vorbemerkungen
Keine speziellen Hinweise
6.2 Konstruktvalidität
Konstruktvalidität weitestgehend gegeben
Alterstrends ermittelt an Normierungsstichprobe; mit zunehmenden Alter (in Viermonatsschritten) steigende Werte (Ausnahme Subtest "Sprache Expressiv"); jedoch zunehmend geringere Mittelwertunterschiede mit ansteigendem Alter. Interkorrelationen ermittelt an Normierungsstichprobe; Korrelationen der Funktionsbereiche im niedrigen bis mittleren Bereich (.10 - .55), bzgl. der Interkorrelationen der Subtests zum Teil höhere Korrelationen mit fremder Skala als mit eigener Skala. Konfirmatorische Faktorenanalyse über Daten der Normierungsstichprobe bestätigt fünffaktorielle Lösung entsprechend der Funktionsbereiche; Modellpassung überwiegend gut.
6.3 Kriteriumsvalidität
Kriteriumsvalidität weitestgehend gegeben
Angaben für die Überprüfung der Kriteriumsvalidität des Funktionsbereichs Psychomotorik fehlen.
Zusammenhänge mit anderen Testverfahren
Reynolds Intellectual Assessment Scale (RIAS; Hagemann von Arx & Grob, 2014): n = 54 Schweizer Kinder aus Normstichprobe (28 Jungen), Durchschnittsalter 4;6 Jahre; zeitlicher Abstand zwischen IDS-P und RIAS im Durchschnitt 4 Tage; mittlere Korrelation des RIAS-Gesamtwerts mit IDS-P Funktionsbereich Kognition (.63); Zusammenhänge mit anderen Funktionsbereichen werden nicht berichtet.
K-ABC (Melchers & Preuß, 2009): n = 26 Kinder (9 Jungen), Durchschnittsalter 4;5 Jahre; zeitlicher Abstand zwischen IDS-P und K-ABC wird nicht genannt; hohe Korrelation des Untertests Rechnen der K-ABC mit Funktionsbereich Denken logisch-mathematisch (.86); Zusammenhänge mit anderen Funktionsbereichen werden nicht berichtet.
Sprachentwicklungstest für drei- bis fünfjährige Kinder (SETK 3-5; Grimm, 2001): n = 26 Schweizer Kinder aus Normstichprobe (12 Jungen), Durchschnittsalter 4;8 Jahre; zeitlicher Abstand zwischen IDS-P und SETK 3-5 wird nicht genannt; mittlere Korrelationen der Skalen des SETK 3-5 und des Funktionsbereiches Sprache (.49 - .61).
Zusammenhang mit Fremdeinschätzungen
Strenght and Difficulties Questionaire (SDQ; Goodman, 1997): Befragung von 534 Eltern und 451 extrafamiliären Bezugspersonen (keine weiteren Angaben) von 254 Mädchen und 280 Jungen, Durchschnittsalter 4;8 Jahre; niedrige Korrelationen der Skalen des SDQ mit dem Funktionsbereich sozial-emotionale Kompetenz (.11 - .18) und den drei Subtests zum Umgang mit der Testsituation (.09 - .28).
6.4 Prognostische Validität
Angaben zur prognostischen Validität fehlen
7 Ökonomie
7.1 Vorbemerkungen
Keine speziellen Hinweise
7.2 Durchführungsökonomie
Durchführung ökonomisch
Gesamttest ca. 60 - 90 Min. Nur Funktionsbereich kognitive Entwicklung: ca. 40 Min.
7.3 Auswertungsökonomie
Auswertung ökonomisch
Keine Angaben zur Auswertungsdauer. Computerunterstütztes Auswertungsprogramm vorhanden (im Testkoffer enthalten).
8 Weiterführendes
8.1 Vorgängerversion
Keine
8.2 Literaturangaben
Binet, A. & Simon, T. (1905). Méthodes nouvelles pour le diagnostic du niveau intellectuel des anormaux. L‘Année Psychologique, 11, 191-244.
Goodman, R. (1997). The Strenghts and Difficulties Questionaire: A research note. Journal of Child Psychology and Psychiatry, 38, 581-586.
Grimm, H. (2001). Sprachentwicklungstest für drei- bis fünfjährige Kinder (SETK 3-5). Göttingen: Hogrefe.
Hagemann-von Arx, P. & Grob, A. (2014). Reynolds Intellectual Assessment Scales and Screening. Deutschsprachige Adaptation der Reynolds Intellectual Assessment Scales (RIAS™) & des Reynolds Intellectual Screening Test (RIST™) von Cecil R. Reynolds und Randy W. Kamphaus. Göttingen: Hogrefe.
Koch, H., Kastner-Koller, U. & Deimann, P. (2011). Testbesprechung: Intelligence and Development Scales (IDS). Intelligenz- und Entwicklungsskalen für Kinder von 5-10 Jahren. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 43, 108-113.
Kramer, J. (1972). Intelligenztest: mit einer Einführung in Theorie und Praxis der Intelligenzprüfung (4. revidierte Auflage). Solothurn: Antonius.
Kaufman, A. S. & Kaufman, N. L. (dt. Bearbeitung von P. Melchers und U. Preuß) (2009). K-ABC: Kaufman – Assessment Battery for Children (8., unveränderte Auflage). Frankfurt a. M.: Pearson.
Stone, L. J., Smith, H. T. & Murphy, L. B. (Eds.) (1973). The competent infant: Research and commentary. New York: Basic Books.