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IST 5 – Intelligenz-Struktur-Test 5

Altersbereich: 15;0 bis 60;11 Jahre

Test-Typ: Einzeltest

Erscheinungsjahr: 2024

Verlag: Hogrefe, Göttingen

IST 5 – Intelligenz-Struktur-Test 5

1 Beschreibung

1.1 Zielsetzung und Grundlagen

Der IST 5 ist ein Einzeltest zur Erfassung der kognitiven Fähigkeiten bei Personen im Alter von 15;0 bis 60;11 Jahren.

Ziel war eine Weiterentwicklung und Aktualisierung seiner Vorläuferversion, dem I-S-T 2000 R durch eine Revision der Kernelemente, die Entwicklung einer dritten Parallelform, eine Aktualisierung der Normen und eine empirische Bestätigung des zugrunde liegenden Intelligenzmodells für das digitale Testformat.

Ausgehend von einem hierarchischen Protomodell der Intelligenzstruktur (HPI; z. B. Carroll, 1993; vorliegend werden 2 Hierarchie-Ebenen der Intelligenzstruktur angenommen) nutzen die Autoren die im Rahmen des Cattell-Horn-Modells (CH; Cattell, 1987; Horn, 1988; Schneider, & McGrew, 2012) postulierten Generalfaktoren fluide (gf) und kristallisierte Intelligenz (gc) zur Ausdifferenzierung der zweiten Hierarchie-Ebene im HPI: Neben Wissen und schlussfolgerndem Denken soll der IST 5 die fluide Intelligenz ohne Wissensanteile und die kristallisierte Intelligenz ohne Anteile schlussfolgernden Denkens abbilden. Zudem konzeptualisieren die Autoren verbale, numerische und fluide Fähigkeiten als Facetten der fluiden bzw. kristallisierten Intelligenz, um die Kodierungsarten ausgewogen zu erfassen.

Methodologisch fußt der IST 5 auf der klassischen Testtheorie.

1.2 Aufbau

  • Modularer Aufbau, bestehend aus dem Grundmodul, der Grundmodul-Kurzform (Grundmodul ohne Test zur Merkfähigkeit) und dem Erweiterungsmodul
  • Die Module können in unterschiedlicher Anzahl oder Kombination eingesetzt werden, abhängig von der diagnostischen Intention.
  • Das Grundmodul umfasst Maße zur verbalen, numerischen und figuralen Intelligenz, zur Merkfähigkeit sowie zum schlussfolgernden Denken mit Wissensanteilen. Das Grundmodul besteht aus den 10 Aufgabengruppen Satzergänzung, Analogien, Gemeinsamkeiten, Rechenaufgaben, Zahlenreihen, Rechenzeichen, Figurenauswahl, Würfelaufgaben, Matrizen mit je 20 Items sowie der Aufgabengruppe Merkfähigkeit.
  • Die Aufgabengruppe Merkfähigkeit besteht aus verbalem (10 Items) und figuralem (13 Items) Aufgabenmaterial.
  • Das Erweiterungsmodul umfasst Maße zu verbal, numerisch und figural kodiertem Wissen, zu (kristallisiertem) Wissen mit Anteilen schlussfolgernden Denkens sowie zu den Faktorwerten schlussfolgerndes Denken/gf bzw. Wissen/gc. Es beinhaltet insgesamt 84 verbal, numerisch und figural kodierte Wissensfragen zu den 6 Themenbereichen Geografie/Geschichte, Wirtschaft, Kunst/Kultur, Mathematik, Naturwissenschaften und Alltag.
  • Der IST 5 ermöglicht Leistungsmaße (IQ-Werte) für die verbale, numerische und figurale Intelligenz, das schlussfolgernde Denken, die Merkfähigkeit (differenziert in verbal, figural, gesamt), für das verbal, numerische bzw. figural kodierte Wissen sowie für das Wissen-Gesamt und für die Faktorwerte schlussfolgerndes Denken/gf bzw. Wissen/gc.
  • Die Leistungsmaße können im Profil dargestellt werden.
  • Die Bearbeitungsdauer der Aufgabengruppen ist begrenzt.
  • Für den IST 5 (Grundmodul, Kurzform ohne Merkfähigkeit) liegen 3 echte Parallelformen vor.

1.3 Quellen

Beauducel, A., Brocke, B., & Liepmann, D. (2024). Intelligenz-Struktur-Test 5 (IST 5). Hogrefe.

2 Anwendung

2.1 Zusammenfassung

Der IST 5 eignet sich für die Hochbegabungsdiagnostik, allerdings erst ab dem Alter von 15 Jahren. Für alle Skaleninhalte und Altersgruppen ist die Messgenauigkeit auch im Bereich der hohen Merkmalsausprägung gegeben. Hiervon ausgenommen ist die Skala Merkfähigkeit. Diese Skala ist mit Deckeneffekten behaftet und taugt daher nicht für die Hochbegabungsdiagnostik.

2.2 Eignung als Screening

Als Screening nicht geeignet

Den Angaben in den Normtabellen zufolge taugen das Grundmodul in seiner Kurzform und das Erweiterungsmodul als Screening. Ökonomisch besehen sind die Module allerdings zu aufwendig dafür.

2.3 Eignung zur Profilerstellung

Fähigkeitsprofil eingeschränkt möglich

Die Inhaltsbereiche des IST 5 bilden das Leistungsprofil für die erfassten kognitiven Fähig-keitsbereiche ab. Die Interpretation der Leistungshöhen und -tiefen ist unter Berücksichtigung der jeweiligen Konfidenzintervalle vorzunehmen. Dazu liegen allerdings keine Standardschätzfehler vor.

2.4 Eignung für die Schullaufbahnberatung

Für Schullaufbahnberatung geeignet

Der IST 5 ist nicht für die Schullaufbahnberatung geeignet, da er erst ab 15 Jahren normiert ist.

Der IST 5 eignet sich für die Studien- und Berufsberatung.

2.5 Eignung für Selektionsentscheidungen

Für Selektionsentscheidungen eingeschränkt geeignet

Vor dem Hintergrund der zuvor beschriebenen Einschränkungen kann das Verfahren für Selektionszwecke genutzt werden.

3 Normierung

3.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

3.2 Aktualität der Normen

Aktualität der Normen weitestgehend gegeben

Normierung: 2007–2022.

Stichprobe 1: Erhebung 2007, n = 661; Stichprobe 2: Erhebung 2020/21, n = 1.407; Stichprobe 3: Erhebung 2014–2018, n = 1.383.

Grundmodul: Es liegen Normwerte (IQ-Werte, Standardwerte und Prozentränge) vor für 8 nach Alter differenzierte Gymnasialgruppen und 5 Gruppen von Nicht-Gymnasiast:innen; zudem werden Normwerte für 5, vom Bildungsgrad unabhängige, Altersgruppen (15–20 Jahre, 21–25 Jahre, 26–30 Jahre, 31–40 Jahre, 41–60 Jahre) berichtet. Es werden Kennwerte für die Aufgabengruppen, die Inhaltsskalen und den Gesamtwert (schlussfolgerndes Denken) angegeben.

Für die Skala Merkfähigkeit werden die Normen aus 2007 weiterverwendet. Die Kennwerte werden für 3 Altersgruppen, getrennt nach gymnasial vs. nicht-gymnasial ausgewiesen.

Die Wissensskalen sind für 5 Altersgruppen (15–20 Jahre, 21–25 Jahre, 26–30 Jahre, 31–40 Jahre, 41–60 Jahre) und 3 Bildungsgruppen (Besuch vs. kein Besuch eines Gymnasiums, gesamte Gruppe) normiert. Die Normen umfassen den Gesamtwert Wissen sowie die Faktorwerte schlussfolgerndes Denken/gf und Wissen/gc. Die Normwerte beruhen auf den gepoolten Stichproben 1 bis 3.

3.3 Repräsentativität der Normen

Repräsentativität der Normen weitestgehend gegeben

Für die Normierung des IST 5 wurden die Daten der Normierungsstichproben von 2007 (n = 3.484; 57.7 % Gymnasiast:innen) und 2020/21 (n = 3053, davon bearbeiteten 1.519 Personen den IST 5 im digitalen Modus; 48.1 % Gymnasiast:innen; digitale Erhebung) genutzt sowie die einer anfallenden Stichprobe aus der Praxis im Zeitraum von 2014–2018 (n = 6.892; Bildungsstatus unbekannt).

Da der Bildungsgrad in der anfallenden Stichprobe unberücksichtigt blieb, können Defizite in der Repräsentativität der Normstichprobe nicht ausgeschlossen werden. Zudem wurde ein Teil der Normierungsdaten bereits im Jahr 2007 erhoben.

4 Objektivität

4.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

4.2 Durchführungsobjektivität

Durchführungsobjektivität gegeben

Digitale Durchführung

4.3 Auswertungsobjektivität

Auswertungsobjektivität gegeben

Digitale Auswertung

4.4 Interpretationsobjektivität

Interpretationsobjektivität gegeben

Normtabellen und Fallbeispiele vorhanden

5 Reliabilität

5.1 Vorbemerkungen

Der IST 5 baut methodisch auf der klassischen Testtheorie auf. Die Reliabilität des Verfahrens wurde mittels Cronbachs Alpha und der Split-Half-Reliabilität bestimmt an bis zu 3 Stichproben (s. 3.2).

5.2 Paralleltest-Reliabilität

Paralleltest-Reliabilität eingeschränkt gegeben

Die berichteten Reliabilitätskoeffizienten fallen für alle Skalen der 3 Parallelformen äußerst ähnlich aus. Weiterführend sollte die strikte Messinvarianz der Testformen geprüft werden.

5.3 Testhalbierungs-Reliabilität

Testhalbierungs-Reliabilität gegeben

Die Split-Half-Koeffizienten betrugen .87 (verbale Intelligenz) bis .95 (schlussfolgerndes Denken). Sie sind als gut bis sehr gut zu bewerten. Für die Merkfähigkeit wird eine sehr gute Split-Half-Reliabilität von .96 berichtet. Für die Wissensskala (Erweiterungsmodul) wurde eine befriedigende Split-Half-Reliabilität von .88 ermittelt. Für den Faktorwert Wissen/gc wurde eine gute Split-Half-Reliabilität von .91, für den Faktorwert schlussfolgerndes Denken/gf mit .96 eine sehr gute auf Basis von Stichprobe 1 festgestellt.

5.4 Retest-Reliabilität

Angaben zur Beurteilung der Retest-Reliabilität fehlen

5.5 Interne Konsistenz

Interne Konsistenz gegeben

Für die Gesamtstichprobe wurden interne Konsistenzen festgestellt von .87 (verbale Intelligenz) bis .95 (schlussfolgerndes Denken). Die interne Konsistenz der Grundmodul-Kurzform ist demnach gegeben. Die interne Konsistenz der Aufgabengruppe Merkfähigkeit betrug .95 und ist als sehr gut zu bewerten. Für die Wissensskala (Erweiterungsmodul) wurden befriedigende interne Konsistenzen ermittelt (für 15–20-jährige Gymnasiast:innen: .89; für Nicht-Gymnasiast:innen: .87).

5.6 Profil-Reliabilität

Angaben zur Beurteilung der Profil-Reliabilität nicht ausreichend

Aufgrund fehlender Angaben lässt sich die Profil-Reliabilität nicht beurteilen.

6 Validität

6.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

6.2 Konstruktvalidität

Konstruktvalidität gegeben

Den Ergebnissen konfirmatorischer Faktorenanalysen zufolge ist die faktorielle Struktur des IST 5 kompatibel mit der postulierten Modellstruktur des Grundmoduls. Zudem konnte der Faktor schlussfolgerndes Denken/Reasoning nachgewiesen werden. Des Weiteren ließen sich die Skala Merkfähigkeit (figural, verbal) konfirmatorisch ebenfalls bestätigen.

Die Ergebnisse einer multidimensionalen Ähnlichkeitsstrukturanalyse bestätigten die intendierte Facettenstruktur des Wissenstests in Kodierungsarten und Themenbereiche. Zudem wurden die Aufgabengruppen des Grundmoduls und die Wissensaggregate des Erweiterungsmoduls einer konfirmatorischen Faktorenanalyse unterzogen, um die Inhaltsfacette und den Faktor schlussfolgerndes Denken/gf und Wissen/gc nachzuweisen. Auch dieses Ergebnis bestätigte die theoretische Konzeptualisierung.

6.3 Kriteriumsvalidität

Angaben zur Bewertung der Kriteriumsvalidität nicht ausreichend

Korrelationsstatistische Analysen zeigten substanzielle Zusammenhänge zwischen den Facetten des Fremdsprachenerwerbs (START-E; Liepmann, et al., 2006) und dem verbalen Fähigkeitsbereich (.48 bis .52) bzw. dem Faktorwert Wissen/gc (.45 bis .50). Als Hinweise auf die Kriteriumsvalidität des IST 5 werden korrelationsstatistische Ergebnisse seiner Vorläuferversionen angeführt. Zwischen den Skalen des IST 5 und dem Merkmal Berufsaufstieg/Karriere (Felfe & Liepmann, 2008) waren keine Zusammenhänge feststellbar.

Zusammenhänge zwischen den Faktorwerten schlussfolgerndes Denken/gf und Wissen/gc mit anderen Intelligenztests stehen noch aus. Die Kriteriumsvalidität des IST 5 sollte darüber hinaus anhand von praktisch bedeutsamen Außenkriterien (z. B. Schulnoten, Studien- bzw. Berufserfolg) untersucht werden.

6.4 Prognostische Validität

Angaben zur Beurteilung der Prognostischen Validität fehlen

7 Ökonomie

7.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

7.2 Durchführungsökonomie

Durchführung ökonomisch

Digitale Durchführung im Hogrefe Testsystem (HTS)

Die Durchführungsdauer ist abhängig von der Anzahl der applizierten Module. Sie reicht von 70 Min. (Grundmodul-Kurzform) bis 160 Min. (Grundmodul plus Erweiterungsmodul Wissenstest).

7.3 Auswertungsökonomie

Auswertung ökonomisch

Computergestützte Auswertung im Hogrefe Testsystem (HTS) mit unmittelbarer Ergebnisausgabe

8 Weiterführendes

8.1 Vorgängerversion

Amthauer, R. (1953). Intelligenz-Struktur-Test (I-S-T). Hogrefe.

Amthauer, R. (1955). Intelligenz-Struktur-Test (I-S-T). (2. Aufl.). Hogrefe.

Amthauer, R. (1970). Intelligenz-Struktur-Test 70 (I-S-T 70). Hogrefe.

Amthauer, R., Brocke, B., Liepmann, D., & Beauducel, A. (1999). Intelligenz-Struktur-Test 2000 (I-S-T 2000). Hogrefe.

Amthauer, R., Brocke, B., Liepmann, D., & Beauducel, A. (2001). Intelligenz-Struktur-Test 2000 R (I-S-T 2000 R). Hogrefe.

Liepmann, D., Beauducel, A., Brocke, B., & Amthauer, R. (2007). Intelligenz-Struktur-Test 2000 R (I-S-T 2000 R). (2. Aufl.). Hogrefe.

8.2 Literaturangaben

Carroll, J. B. (1993). Human cognitive abilities: A survey of factor-analytic studies. Cambridge University Press.

Cattell, R. B. (1987). Intelligence: Its structure, growth and action. Elsevier Science Publishers B.V.

Felfe, J. & Liepmann, D. (2008). Organisationsdiagnostik. Hogrefe.

Horn, J. L. (1988). Thinking about human abilities. In J. R. Nesselroade and R. B. Cattell (Eds.). Handbook of multivariate experimental psychology (pp. 645–685). Plenum Press. (Hier einen Link einfügen? Habe diesen hier gefunden: https://doi.org/10.1007/978-1-4613-0893-5, bitte prüfen).

Liepmann, D., Tartler, K., Nettelnstroth, W., & Smolka. S. (2006). Testbatterie für Berufseinsteiger – Englisch (START-E). Hogrefe.

Schneider, W.J., & McGrew, K. S. (2012). The Cattell-Horn-Carroll model of intelligence. In D. P. Flanagan & P. L. Harrison (Eds.). Contemporary intellectual assessment: Theories, tests, and issues (3rd ed., pp. 99–144). Guilford Press.