Diagnostik mit Intelligenztests
LPS-2 – Leistungsprüfsystem 2
Altersbereich: 9. – 12. Klasse (ca. 14 bis 18 Jahre)
Test-Typ: Einzel- und Gruppentest
Erscheinungsjahr: 2013
Verlag: Hogrefe, Göttingen

1 Beschreibung
1.1 Zielsetzung und Grundlagen
Das LPS-2 dient der Erfassung der allgemeinen Intelligenz sowie der Intelligenzstruktur über vier kognitive Fähigkeitsdimensionen bei Jugendlichen ab 14 Jahren und bei Erwachsenen.
Theoretisch basiert das LPS-2 auf der hierarchischen Drei-Ebenen-Theorie der Intelligenz von John Carroll (1993). Das LPS-2 erfasst dabei mit elf Subtests einen Ausschnitt aus den in diesem Modell spezifizierten Fähigkeiten und zwar die kristalline Intelligenz, die fluide Intelligenz, die visuelle Wahrnehmungsfähigkeit, die kognitive Schnelligkeit und – als Integral all dieser Fähigkeiten – die allgemeine Intelligenz.
1.2 Aufbau
- 11 Subtests mit je 40-80 Items (insges. 520 Items): (1) Allgemeinwissen, (2) Anagramme, (3) Figurenfolgen, (4) Zahlenfolgen, (5) Buchstabenfolgen, (6) Mentale Rotation, (7) Flächenzahl, (8) Linienmuster, (9) Achtes Zeichen, (10) Zeilenvergleich, (11) Addieren.
- Die Subtests werden zu vier Fähigkeitsdimensionen zusammengefasst: kristalline Intelligenz Gc (Subtests 1 & 2), fluide Intelligenz Gf (Subtests 3 bis 5), visuelle Wahrnehmung Gv (Subtests 6 bis 8) und kognitive Schnelligkeit Gs (Subtests 9 bis 11).
- Der Gesamtscore über alle Subtests wird im Sinne des g-Faktors als Maß der allgemeinen kognitiven Leistungsfähigkeit (G) interpretiert.
- Zwei parallele Formen A und B.
1.3 Quellen
Kreuzpointner, L., Lukesch, H. & Horn, W. (2013). LPS-2. Leistungsprüfsystem 2. Göttingen: Hogrefe.
2 Anwendung
2.1 Zusammenfassung
Das LPS-2 ist für die Anwendung in der Diagnostik intellektueller Hochbegabungen eingeschränkt geeignet.
Die Erstellung eines Fähigkeitsprofils ist möglich.
Die Subtests weisen relativ viele leichte und schwere Items auf. Letzteres ist möglicherweise über die vorgegebenen Bearbeitungszeiten erklärbar, die dazu führen können, dass die letzten Items eines Subtests nur noch von wenigen Personen bearbeitet werden und damit in ihrer Schwierigkeit überschätzt werden. Diese Annahme wird über eine Untersuchung gestützt, in der die Subtests der Bereiche Gc und Gf ohne Zeitgrenzen bearbeitet wurden. Hierbei fanden sich für leistungsstarke Personen Deckeneffekte. Im Manual fehlen aber Angaben zur Testwerteverteilung. Damit sind die Informationen zur Beurteilung des Vorliegens von Deckeneffekten nicht ausreichend.
Der erreichbare Höchstwert liegt je nach Fähigkeitsbereich und Normgruppe bei IQ = 135 bis IQ = 210. Aufgrund der Zusammensetzung der Normdaten ist davon auszugehen, dass sehr hohe IQ-Werte (> IQ 130) nicht mehr auf einer ausreichenden Datengrundlage basieren.
2.2 Eignung als Screening
Als Screening geeignet
Als Gruppentest durchführbar.
Durchführungszeit (inkl. Instruktionen) 60 Minuten.
2.3 Eignung zur Profilerstellung
Fähigkeitsprofil möglich
Erstellung eines Fähigkeitsprofils über die vier Fähigkeitsdimensionen möglich; grafische Darstellung als Profildiagramm auf dem Auswertungsbogen.
Angabe zu kritischen Differenzen zur Interpretation von Unterschieden zwischen den vier Fähigkeitsdimensionen vorhanden.
2.4 Eignung für die Schullaufbahnberatung
Für Schullaufbahnberatung eingeschränkt geeignet
Es handelt sich um einen mehrdimensionalen Test mit Vergleichswerten für Schüler/innen nach Alter, Klasse und Schulart; das Manual enthält Fallbeispiele im Kontext der Schullaufbahnberatung.
Eingeschränkte Kriteriumsvalidität im Hinblick auf Schulleistungen, insbesondere bei Realschüler/innen und Gymnasiast/innen.
Normen erst ab Klasse 9 bzw. 14 Jahren.
2.5 Eignung für Selektionsentscheidungen
Angaben zur Beurteilung der Eignung für Selektionsentscheidungen nicht ausreichend
Sehr gute Reliabilität und damit genaue Messung und relativ kleine Konfidenzintervalle.
Angaben zur Differenzierungsfähigkeit im oberen Leistungsbereich fehlen.
3 Normierung
3.1 Vorbemerkungen
Keine speziellen Hinweise
3.2 Aktualität der Normen
Aktualität der Normen gegeben
Normierung: im Manual keine genauen Angaben zum Zeitpunkt der Normdatenerhebung, aber vermutlich 2010-2012
Altersnormen (IQ-Werte) für drei Gruppen (Form A/B): 14-16 Jahre (n = 590/676), 17-19 Jahre (n = 455/418) und > 19 Jahre (n = 129/210).
Klassennormen (IQ-Werte) für vier Klassen (Form A/B): Klasse 9 (n = 572/682), Klasse 10 (n = 308/258), Klasse 11 (n = 246/207) und Klasse 12 (n = 90/91).
Schulartnormen (IQ-Werte) für vier Arten (Form A/B): Hauptschule (n = 72/45), Realschule (n = 451/424), Gymnasium/FOS (n = 459/547) und Berufsschule (n = 234/223).
Keine Normdifferenzierung nach Geschlecht (keine bzw. sehr kleine Geschlechterunterschiede zugunsten der Mädchen bei Subtests 9 & 10).
3.3 Repräsentativität der Normen
Repräsentativität der Normen nicht gegeben
N = 2.583 Personen, davon 2.134 Schüler/innen zwischen 16-19 Jahren.
Keine Angaben zur Repräsentativität der Normdaten (z. B. im Hinblick auf Muttersprache, sozio-ökonomischen Status, Wohnort Stadt-Land), aber Einschränkungen der Repräsentativität vorhanden:
- Zu kleine Gruppengrößen für Hauptschulnormen.
- Normen für Klasse 12 basieren ausschließlich auf Berufsschüler/innen.
- Normdatenerhebung überwiegend in Bayern.
- Verhältnis Schüleranzahl nach Schularten nicht repräsentativ (keine Gewichtung der Schularten bei der Erstellung der Alters- oder Klassennormen).
- Relativ wenige Normdaten von Personen > 19 Jahre; eingeschränkte Interpretierbarkeit der Testwerte von älteren Personen.
4 Objektivität
4.1 Vorbemerkungen
Die WAIS-IV ist ein komplexes und aufwändiges Verfahren, so dass die Objektivität in besonderer Weise von der Qualifikation der Testleiterin bzw. des Testleiters abhängt.
4.2 Durchführungsobjektivität
Durchführungsobjektivität gegeben
Standardisierte schriftliche und mündliche Instruktionen vorhanden.
4.3 Auswertungsobjektivität
Auswertungsobjektivität gegeben
Detaillierte Auswertungsanweisungen, Auswertungsschablonen und Auswertungsbögen vorhanden.
4.4 Interpretationsobjektivität
Interpretationsobjektivität gegeben
Normwerte und Hinweise zur Interpretation (inklusive Fallbeispiele) vorhanden, sowie weitere Tabellen zur Unterstützung der Testwertinterpretation (z. B. kritische Differenzen für Profilinterpretation, Werte für Konfidenzintervallbildung).
5 Reliabilität
5.1 Vorbemerkungen
Keine speziellen Hinweise
5.2 Paralleltest-Reliabilität
Angaben zur Paralleltestreliabilität fehlen
Die Paralleltestreliabilität der Testformen A und B wurde nur für eine Vorabversion, jedoch nicht für die finale Version des LPS-2 bestimmt.
5.3 Testhalbierungsreliabilität
Testhalbierungsreliabilität gegeben
Gute bis sehr gute Split-half Reliabilität der vier Dimensionen (.81-.93 bzw. korrigiert .89-.97) und des Gesamttests (Form A und B beide .96 bzw. korrigiert .98).
5.4 Retest-Reliabilität
Angaben zur Retest-Reliabilität fehlen
5.5 Interne Konsistenz
Interne Konsistenz gegeben
Gute bis sehr gute Werte für die vier Dimensionen (.86-.94); sehr gute Werte für Gesamttest (Form A: .96; Form B: .97).
5.6 Profilreliabilität
Profilreliabilität gegeben
Sehr gute Werte über die vier Dimensionen hinweg (Form A: .87; Form B: .88).
6 Validität
6.1 Vorbemerkungen
Keine speziellen Hinweise
6.2 Konstruktvalidität
Konstruktvalidität eingeschränkt gegeben
Konfirmatorische Faktorenanalysen der Normdaten unterstützen die postulierte Intelligenzstruktur nach dem Drei-Ebenen-Modell (Modellfit: gut bis sehr gut).
Testleistung der Dimensionen Gc und Gf aufgrund der Zeitvorgaben für Aufgabenbearbeitung beeinflusst von Bearbeitungsgeschwindigkeit; dabei jedoch bedeutsamer Zusammenhang der Leistung mit und ohne Zeitvorgaben (Gc: .79; Gf: .71).
Zusammenhänge mit dem Außenkriterium Schulleistungen nicht immer erwartungskonform.
6.3 Kriteriumsvalidität
Kriteriumsvalidität eingeschränkt gegeben
Zusammenhänge mit anderen Intelligenztests
MWT (Lehrl, 1977): n = 62, mittlere Korrelation mit Gc (.53), niedrige Korrelationen mit übrigen Dimensionen (.04 bis .25)
BOMAT (Hossiep, Truck & Hasella, 1999): n = 62, mittlere Korrelationen mit Gf (.40), Gv (.48) und G (.45), niedrige Korrelationen mit Gc (.23) und Gs (.19)
SFT (Stumpf & Fay, 1983): n = 62, mittlere Korrelationen mit Gf (.59), Gv (.63) und G (.65), niedrigere Korrelationen mit Gc (.37) und Gs (.32)
ZVT (Oswald & Roth, 1987): n = 62, geringste Korrelation mit der intendierten Dimension Gs (.28)
aWMT (Unsworth et al., 2005): n = 48, schwache bis mittlere Zusammenhänge der vier Dimensionen und des Gesamtwertes mit Arbeitsgedächtniskapazität (.05 bis .34); überwiegend mittlere Zusammenhänge der vier Dimensionen und des Gesamtwertes mit Bearbeitungsgeschwindigkeit (-.14 bis -.49)
WIT-2 (Kersting, Althoff & Jäger, 2008): n = 246 Realschüler/innen, erwartungskonforme Korrelationsmuster der Subtests beider Testverfahren (mittlere Korrelationen von .27 bis .51)
Zusammenhänge mit Schulnoten
Vereinzelt gehen höhere Testleistungen mit schlechteren Schulnoten einher (niedrige Korrelationen). Zusammenhänge für Hauptschüler/innen und Fach- und Oberschüler/innen höher als für die anderen Schularten.
Deutschnoten: n = 1.772, Normierungsstichprobe; keine bedeutsamen bis mittlere Korrelationen von .02 (Berufsschule) bis -.35 (Hauptschule).
Mathematiknoten: n = 890, Normierungsstichprobe; keine bedeutsamen bis mittlere Korrelationen von -.03 (Berufsschule) bis -.35 (Hauptschule).
Gemittelte Note über alle Fächer: n = 1.786, Normierungsstichprobe; keine bedeutsamen bis mittlere Korrelationen von -.02 (Berufsschule) bis -.40 (Hauptschule).
6.4 Prognostische Validität
Angaben zur prognostischen Validität fehlen
7 Ökonomie
7.1 Vorbemerkungen
Keine speziellen Hinweise
7.2 Durchführungsökonomie
Durchführung ökonomisch
Gruppentestung möglich.
LPS-2: reine Testzeit ca. 39 Minuten; inkl. Instruktion ca. 60 Minuten
7.3 Auswertungsökonomie
Auswertung ökonomisch
Manuelle Auswertung dauert wenige Minuten.
8 Weiterführendes
8.1 Vorgängerversion
Horn, W. (1962). Leistungsprüfsystem L-P-S. Göttingen: Hogrefe.
Horn, W. (1983). Leistungsprüfsystem L-P-S (2. erw. und verb. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.
8.2 Literaturangaben
Carroll, J. B. (1993). Human cognitive abilities: A survey of factor-analytic studies. Cambridge: Cambridge University Press.
Hossiep, R., Turck, D. & Hasella, M. (1999). BOMAT – advanced. Bochumer Matrizentest. Göttingen: Hogrefe.
Kersting, M., Althoff, K. & Jäger, A. O. (2008). Der Wilde-Intelligenz-Test 2 (WIT-2). Göttingen: Hogrefe.
Lehrl, S. (1977). Mehrfachwahl-Wortschatz-Intelligenztest (MWT-B). Erlangen: Straube.
Oswald, W. & Roth, E. (1987). Der Zahlen-Verbindungs-Test (ZVT). Ein sprachfreier Intelligenz-Test zur Messung der „kognitiven Leistungsgeschwindigkeit“. Göttingen: Hogrefe.
Stumpf, H. & Fay, E. (1983). Schlauchfiguren (SFT). Ein Test zur Beurteilung des räumlichen Vorstellungsvermögens. Göttingen: Hogrefe.
Unsworth, N., Heitz, R. P., Schrock, J. C. & Engle, R. W. (2005). An automated version of the operation span task. Behavior Research Methods, 37(3), 498-505.
Rezension für Tests und Arbeitsmittel für den Anwendungsbereich der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung in der Schweiz. Verfahren LPS-2, www.test.sdbb.ch/dyn/download/1583-1662-2-rezension_lps-2.pdf, S. 1-4 [Abruf am 18.09.2017].
List, D. (2014). LPS-2. Leistungsprüfsystem 2. PSYNDEX Tests Review, www.zpid.de/retrieval/PSYNDEXTests.php?id=9006590 [Abruf am 21.09.2017].