Diagnostik mit Intelligenztests

Beratung

M-KIT – Modularer Kurzintelligenztest

Altersbereich: Ab 15;0 Jahren

Test-Typ: Einzel- und Gruppentest

Erscheinungsjahr: 2015

Verlag: Hogrefe, Göttingen

M-KIT – Modularer Kurzintelligenztest

1 Beschreibung

1.1 Zielsetzung und Grundlagen

Der Modulare Kurzintelligenztest (M-KIT) will den Kern der fluiden Intelligenz, das schlussfolgernde Denken, ökonomisch, (gender-)fair, universell und flexibel erfassen. Das Verfahren ist als Einzel- oder Gruppentest bei deutschsprachigen Personen ab 15 Jahren einsetzbar.

Anwendungsgebiete sind die Intelligenzdiagnostik, eignungsdiagnostische Fragestellungen im Kontext der Bildungs- und Berufsberatung sowie wissenschaftliche Untersuchungen.

Das Verfahren basiert auf dem Generalfaktormodell der Intelligenz Spearmans (g) sowie auf den Konzepten der fluiden Intelligenz (Gf) nach Cattell (1963) bzw. der Cattell-Horn-Carroll-Theorie (McGrew, 2005, 2009). Konstruktionsgrundlage ist ein Operationalisierungsmodell der fluiden Intelligenz, wonach jede Intelligenzmessung neben der Fähigkeit zum schlussfolgernden Denken auch spezifische, konstruktferne Fähigkeiten und Eigenschaften erfasst. Das Zentrum des Modells, visualisiert als eine faktorenbasierte Radex-Darstellung, bilden Testaufgaben, die eine kernfokussierte Messung der fluiden Intelligenz ermöglichen. Die Radex-Peripherie kennzeichnen Aufgaben mit einer stärkeren, konstruktfernen verbalen, figural-bildhaften oder numerischen Materialprägung.

Bei seiner Konstruktion wurde die Genderfairness des M-KIT auf der Modell-Ebene, der Ebene des Aufgabenformats und der Item-Ebene berücksichtigt.

Methodologischer Ausgangspunkt der Module des M-KIT ist die Klassische Testtheorie (KTT).

1.2 Aufbau

  • Der M-KIT umfasst sechs Aufgabenformate mit verbalen (Modul V; zugehörige Aufgabengruppen: Wortfolgen, Kurztexte), figural-bildhaften (Modul F; zugehörige Aufgabengruppen: Bildteile, Kartenstapel) und numerischen Inhalten (Modul N; zugehörige Aufgabengruppen: Zahlenvergleiche, Ungleichungen).
  • Zu jedem der drei Inhaltsbereiche (V, F, N) gibt es je ein Aufgabenformat, das die fluid-schlussfolgernde Komponente (K) stärker abbildet und ein Aufgabenformat, das den verbalen, figural-bildhaften bzw. numerischen Aspekt stärker abbildet (A). Jeweils zusammengefasst ergeben sich ein kernfokussiertes Modul K oder ein ausbalanciertes Modul A.
  • Die Module können einzeln eingesetzt werden; Entscheidungshilfen erleichtern deren Auswahl. Die Messung der fluiden Intelligenz (Gf) ist möglich.
  • Das Antwortformat der Testaufgaben besteht jeweils aus einer 3 x 3 Felder-Matrix, aus der die richtige Lösung auszuwählen ist.
  • Es können Standardwerte und Prozentränge für die Module und den Gesamttest bestimmt werden.
  • Der M-KIT ist ein Speedtest. Die Bearbeitungszeit der Module ist auf jeweils 8 min für die Aufgabengruppen von Modul A und auf jeweils 12 min für die Aufgabengruppen von Modul K beschränkt.

1.3 Quellen

Dantlgraber, M. (2015). M-KIT Modularer Kurzintelligenztest. Manual. Unter Mitarbeit von B. Hell, F. Fischer und J. Schult. Hogrefe.

2 Anwendung

2.1 Zusammenfassung

Mit dem M-KIT können Hinweise auf das Vorliegen einer Hochbegabung abgeleitet werden. Dazu sollte das Verfahren als Gesamttest oder Modul K benutzt werden. Für eine differenzierte Beurteilung der Begabungsstruktur ist zusätzlich ein Profilverfahren der HB-Diagnostik zu verwenden.

2.2 Eignung als Screening

Als Screening geeignet

Ökonomische Erfassung der Fähigkeit zum schlussfolgernden Denken;

Einsatz als Gruppentest möglich.

2.3 Eignung zur Profilerstellung

Kein Fähigkeitsprofil möglich

Da die Testkennwerte der Module V, F und N sich auf latenter Ebene kaum voneinander unterscheiden lassen, sollten sie als verbal, figural-bildhaft und numerisch präsentierte Messungen der fluiden Intelligenz betrachtet werden. Von der empfohlenen Interpretation des Fähigkeitsprofils ist daher abzuraten.

2.4 Eignung für die Schullaufbahnberatung

Für die Schullaufbahnberatung eingeschränkt geeignet

Der M-KIT eignet sich zur Abklärung des Lernpotenzials von gymnasialen Schüler/innen bei Fragen der Schul- und Studienwahl. Für eine Diagnose der von kristallinem Wissen beeinflussten, allgemeinen kognitiven Leistungsfähigkeit, etwa zur Beurteilung von spezifischen Begabungen, sollte der M-KIT in Kombination mit entsprechenden Testverfahren eingesetzt werden.

2.5 Eignung für Selektionsentscheidungen

Für Selektionsentscheidungen weitestgehend geeignet

Erste vorliegende Befunde zur Konstrukt- und Kriteriumsvalidität der Module des M-KIT sprechen für die Brauchbarkeit des Verfahrens zu Selektionszwecken (z. B. Aufnahme in eine Hochbegabtenklasse). Für eine weitere Differenzierung von Testpersonen im Kontext der Schulberatung (z. B. Zuweisung zu spezifischen Förderangeboten) wird ein zusätzliches Verfahren empfohlen. Für diese einzelfallbezogenen Entscheidungen sollte nur der Gesamttest oder Modul K eingesetzt werden, da sie der erforderlichen Messgenauigkeit genügen.

3 Normierung

3.1 Vorbemerkungen

Die existierenden Normen schränken den Anwendungsbereich des Verfahrens ein:

Der M-KIT wurde an Jugendlichen (Durchschnittsalter: knapp 17 Jahre) bzw. jungen Erwachsenen (Durchschnittsalter: rund 22.5 Jahre) mit einer, im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung, überdurchschnittlichen Fähigkeit zum schlussfolgernden Denken normiert. Bedingt durch die Charakteristika der Normstichprobe eignet sich der M-KIT für eine Potenzialfeststellung in der HB-Diagnostik.

3.2 Aktualität der Normen

Aktualität der Normen gegeben

Normierung in den Jahren 2013 – 2014;

präzise Angaben zu Rekrutierung der Stichproben fehlen.

3.3 Repräsentativität der Normen

Repräsentativität der Normen eingeschränkt

Es liegen Normen für n = 608 Schülerinnen und Schüler (49 % Frauen, Alter: M = 16.85 Jahre; SD = 0.95 Jahre) der gymnasialen Oberstufe Baden-Württembergischer Gymnasien und für n = 360 Studierende (64 % Frauen; Alter: M = 22.45 Jahre; SD = 3.24 Jahre) vor.

Der M-KIT ermöglicht eine genderfaire Testung: Aufgabengruppen, Module und Gesamttest unterscheiden sich allenfalls geringfügig hinsichtlich Geschlechtsdifferenzen (d < 0.15, d < 0.10 bzw. d < 0.06).

4 Objektivität

4.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

4.2 Durchführungsobjektivität

Durchführungsobjektivität gegeben

Präzise Hinweise zur Durchführung (z. B. Vorbereitung der Testsituation) und festgelegte Instruktionen standardisieren die Papier-Bleistift-Durchführung.

Eine computergestützte Testdurchführung ist über das Hogrefe Testsystem (HTS) möglich.

4.3 Auswertungsobjektivität

Auswertungsobjektivität gegeben

Eindeutige Regeln zur Auswertung und Auswertungsschablonen sichern die manuelle Testauswertung.

Über das HTS ist eine elektronische Auswertung möglich.

4.4 Interpretationsobjektivität

Interpretationsobjektivität gegeben

Normtabellen, Toleranzbereiche (90%) für Cut-Off-Werte und den Vergleich zweier Testwerte sowie eine beispielhafte Fallinterpretation sind vorhanden.

5 Reliabilität

5.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

5.2 Paralleltest-Reliabilität

Paralleltest-Reliabilität entfällt

5.3 Testhalbierungsreliabilität

Angaben zur Testhalbierungsreliabilität fehlen

5.4 Retest-Reliabilität

Retest-Reliabilität weitestgehend gegeben

Die Retest-Koeffizienten, erhoben an n = 105 Studierenden, die den Test im Abstand von sechs bis zehn Wochen wiederholt bearbeiteten, betragen zwischen .75 (Modul N) < rtt < .90 (Gesamttest); für die untersuchte Altersgruppe ist die Retest-Reliabilität somit nachgewiesen.

5.5 Interne Konsistenz

Interne Konsistenz gegeben

Gesamtstichprobe: α(Modul A, Modul F) = .80 < α < α(Gesamttest) = .92;

Normierungsstichprobe der Schülerinnen und Schüler: α(Modul V) = .78 < α < α(Gesamttest) = .91

5.6 Profilreliabilität

Profilreliabilität nicht gegeben

In der Normierungsstichprobe der Schülerinnen und Schüler betragen die Korrelationen zwischen den (sich nicht überschneidenden) Modulen V, F, und N .58 < r < .67. Genaue Angaben zur Beurteilung der Profilreliabilität fehlen jedoch. Ohnehin ist die Profilreliabilität fraglich, da sich die Module V, F und K auf latenter Ebene kaum voneinander unterscheiden.

6 Validität

6.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

6.2 Konstruktvalidität

Konstruktvalidität gegeben

Für die Aufgabengruppen des M-KIT zeigt das Einfaktormodell eine sehr gute Passung (CFI = .99; RMSEA = .02). Die Anzahl gelöster Aufgaben des Moduls Schlussfolgerndes Denken des Intelligenz-Struktur-Test 2000 R (I-S-T 2000 R; Liepmann, Beauducel, Brocke & Amthauer, 2007) und die der gelösten Aufgaben des M-KIT korrelieren zu r = .78 (n = 145 Studierende). Auf latenter Ebene korrelieren beide Tests zu r = .98.

6.3 Kriteriumsvalidität

Kriteriumsvalidität weitestgehend gegeben

Vergleiche zu Schulnoten: n = 561, statistisch bedeutsame Korrelationen für die Fächer Deutsch (.13 < r < .21; p < .01), Mathematik (.33 < r < .40; p < .01) und Englisch (.17 < r < .26; p < .01).

Die Zusammenhänge zu Abiturnoten (n = 336 Studierende; .27 < r < .36; p < .001) und Leistungsbewertungen durch die Vorgesetzten (n = 52 Auszubildende; .13 < r < .21; p < .05) fallen ebenfalls bedeutsam aus.

Die Kriteriumsvalidität des M-KIT sollte anhand von weiteren praktisch bedeutsamen Außenkriterien [z. B. Leistungsmotivation, akademisches Selbstkonzept, Attribuieren des akademischen Leistungserfolgs, lern- bzw. leistungsbezogene Zielorientierungen, Bildungsentscheidungen (Wahl von Kursen, Entscheidung eine Universität zu besuchen, Berufswahl)] der intendierten Anwendungskontexte Schullaufbahnberatung, Bildungsberatung, Potenzialanalyse untersucht werden.

6.4 Prognostische Validität

Angaben zur prognostischen Validität fehlen

7 Ökonomie

7.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

7.2 Durchführungsökonomie

Durchführung ökonomisch

Als Einzel- und Gruppentest weist der M-KIT eine ökonomische Durchführung auf. Die Durchführungszeit für Modul A beträgt 30 – 35 min, für Modul K 45 – 50 min. Die Durchführungen der Module V, F und N liegen bei jeweils 25 – 30 min.

7.3 Auswertungsökonomie

Auswertung ökonomisch

Für die manuelle bzw. computergestützte Auswertung sind nur wenige Minuten aufzuwenden.

8 Weiterführendes

8.1 Vorgängerversion

Keine.

8.2 Literaturangaben

Cattell, R. B. (1963). Theory of fluid and crystallized intelligence: A critical experiment. Journal of Educational Psychology, 54, 1-22.

Liepmann, D., Beauducel, A., Brocke, B. & Amthauer, R. (2007). Intelligenz-Struktur-Test 2000 R (I-S-T 2000 R). Manual (2., erweiterte und überarbeitete Aufl.). Hogrefe.

McGrew, K. S. (2005). The Cattell-Horn-Carroll theory of cognitive abilities. In D. P. Flanagan & P. L. Harrison (Eds.), Contemporary intellectual assessment: Theories, tests, and issues (pp. 136-181; 2nd ed). Guilford Press.

McGrew, K. S. (2009). CHC theory and the human cognitive ability project: Standing on the shoulders of giants of psychometric intelligence research. Intelligence, 37, 1-10.