Welche psychologischen Förderangebote und Trainings gibt es für (hoch-)begabte Kinder und Jugendliche?

Entgegen der verbreiteten Ansicht eignen sich Hochbegabte nicht unbedingt alle Kompetenzen selbstständig an, die sie benötigen, um ihr Potenzial zu entfalten. Auch sie brauchen manchmal Unterstützung durch spezielle Förderangebote und Trainings. Neben (außer-)schulischer Förderung können hochbegabte Kinder und Jugendliche besonders von psychologischen Förderansätzen profitieren.

Von: Wiebke Evers

Kompetenzen stärken

Das Ziel von psychologischer Förderung ist die Unterstützung in der individuellen Kompetenz- und Persönlichkeitsentwicklung. Viele psychologische Förderangebote für hochbegabte Kinder und Jugendliche stellen die Vermittlung und Stärkung kognitiver Kompetenzen in den Mittelpunkt, wie z. B. das Erlernen von Arbeits- und Lernstrategien oder die Stärkung der Konzentration. Aufgrund ihrer hohen Begabung benötigen Hochbegabte unter Umständen Unterstützung bei der Aneignung von Lern- und Organisationsstrategien, da sie durch ihre schnelle Auffassungsgabe im Schulalltag seltener in Situationen kommen, in denen diese von ihnen gefordert sind und sie diese entwickeln können. Spezielle Trainings, z. B. mit Fokus auf selbstreguliertes Lernen (SRL) oder auf das Lern- und Arbeitsverhalten, können hochbegabten Schüler:innen helfen, ihr Lernen besser zu strukturieren.

Andere psychologische Angebote und Trainings fokussieren eher den Aufbau von sozialen und emotionalen Fähigkeiten, wie Kommunikation, Gefühlsregulation oder Resilienz. Hochbegabte haben in diesen Gebieten im Allgemeinen keine größeren Schwierigkeiten als normalbegabte Kinder, profitieren aber unter Umständen gerade beim Überspringen einer Klasse von Angeboten, die sie auch in ihren sozialen und emotionalen Kompetenzen stärken. Auch für minderleistende Schüler:innen, die in diesem Bereich Defizite aufweisen, kann eine Teilnahme wirksam sein.

Hochbegabten Kindern und Jugendlichen, die durch Lern- oder (Teil-)Leistungsstörungen wie eine Lese-Rechtschreib-Schwäche oder auch eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung herausgefordert sind, können spezielle Trainings z. B. zur Schulung der Konzentration helfen.

Die Bedürfnisse Hochbegabter im Fokus

Hochbegabte Kinder finden manchmal in altershomogenen Gruppen wie ihrer Schulklasse schwerer Anschluss, weil sie kognitiv voraus sind oder andere Interessen mit anderer Vertiefung haben als ihre Mitschüler:innen. Da hilft der Kontakt zu Kindern, die ihrem Entwicklungsstand entsprechen oder ähnliche Interessen haben. Gruppenangebote, die sich explizit an hochbegabte Kinder und Jugendliche richten, können oft besonders gut deren Merkmale und Bedürfnisse wie den ausgeprägten Wunsch nach Mitbestimmung, Abwechslung und kreativer Gestaltung berücksichtigen.

Schon der Kontakt zu anderen Hochbegabten, den solche spezifischen Angebote ermöglichen, kann für viele hilfreich sein. Im Austausch können sie erfahren, wie andere mit dem Etikett „Hochbegabung“ umgehen und so viel über sich selbst lernen. Angebote wie die Gesprächsgruppe LOTUS „Lösungsorientiertes Training zur Unterstützung der Selbstentwicklung“ vermitteln Hochbegabten, dass nicht ihre Hochbegabung, sondern sie selbst darüber bestimmen, wer sie sind, wie sie ihre Zeit und ihre Fähigkeiten investieren und was sie damit erreichen.

Angebote für Eltern & Bezugspersonen

Nicht nur hochbegabte Kinder und Jugendliche können von psychologischen Angeboten und Trainings profitieren, auch ihre erwachsenen Bezugspersonen haben manchmal Bedarf an Unterstützung. Hier setzt z. B. das KLIKK®-Elterntraining an, das sich besonders auf die Verbesserung der Beziehung und Kommunikation zwischen Bezugsperson und Kind richtet. Die Bezugspersonen lernen neue Methoden kennen, um Kommunikationsmuster aufzubrechen und Konflikte zu lösen. Dabei wird die hohe Begabung des Kindes stets mitgedacht und die Eltern werden angeregt, diese als Ressource zur Verbesserung der Kommunikation und Beziehung aktiv einzubeziehen.

Beratung zur Passung von Förderangeboten

Es gibt eine große Vielfalt an Förderangeboten, die für hochbegabte Kinder und Jugendliche und ihre Bezugspersonen in Frage kommen. Die erste Tendenz ist häufig, ein Förderangebot oder Training zu wählen, das an den Schwächen und Defiziten eines Kindes ansetzt. Natürlich ist es wichtig, das Kind bei besonderen Herausforderungen wie z. B. in der Selbstorganisation oder im Aufbau von sozialen Beziehungen zu unterstützen. Dennoch sollten auch die Kompetenzen und Stärken des Kindes, seine Wünsche und Interessen sowie seine Persönlichkeit bei der Wahl berücksichtigt werden. Auf Hochbegabung spezialisierte Beratungsstellen können dabei helfen, Ansätze zur psychologischen und auch pädagogischen Förderung zu identifizieren und passende (vor-)schulische wie auch außerschulische Angebote zu finden.