Hochbegabte unterstützen

Schule

Angebote für (hoch-)begabte Schüler:innen außerhalb der Schule

Außerschulische Angebote bzw. Fördermaßnahmen stellen eine wichtige Ergänzung zur Schule dar. Sie ermöglichen es, Interessen über den regulären Unterrichtsinhalt hinaus zu vertiefen und sich mit speziellen Themen auseinanderzusetzen. Die Angebote werden während der Schulzeit – manchmal im Rahmen eines Drehtürmodells – oder nach der Schulzeit wahrgenommen.

Von: Claudia Pauly


Wozu außerschulische Förderung bei (hoch-)begabten Kindern und Jugendlichen?

Die Schüler:innen finden dabei intellektuelle Herausforderungen und kommen gleichzeitig mit anderen in Kontakt, die ähnliche Interessen und ein ähnliches Lerntempo haben wie sie. Außerschulische Angebote bieten oft eine höhere Praxisnähe als die Schule und eröffnen Lernorte, zu denen der Zugang sonst (noch) verschlossen bliebe. Zudem können sie einen wertvollen Ausgleich ermöglichen, wenn Kinder und Jugendliche in ihrer aktuellen Schulsituation unbefriedigende Erfahrungen – sei es auf intellektueller oder sozialer Ebene – machen: Außerschulische Angebote können einen Raum für positive Selbstwirksamkeitserfahrungen schaffen und dabei auch wieder für die Schule motivieren.

Strukturelle Rahmenbedingungen außerschulischer Angebote

Von den Bundesländern sowie von Vereinen, Elterninitiativen, Stiftungen, Universitäten bzw. Hochschulen und weiteren Einrichtungen werden unterschiedlichste strukturierte Angebote für besonders begabte Kinder und Jugendliche außerhalb der Schule gemacht. Darunter fallen Kinder-Unis, das Frühstudium, Schülerlabore, Wettbewerbe, Olympiaden, Landesseminare, Schülerakademien und noch weitere. Wenn es um außerschulische Fördermaßnahmen geht, kann der Blickwinkel auch noch geweitet werden und generelle Angebote wie Musikschulen oder Sportvereine einbeziehen. In diesem Artikel werden jedoch gezielt die oben genannten Angebote fokussiert und diese übergreifend beschrieben. Eine vollständige Aufzählung der äußerst vielfältigen landes- und bundesweiten einzelnen Angebote ist an dieser Stelle – mit dem Ziel, eine erste Übersicht zu schaffen – nicht möglich; weiterführende Informations- und Suchmöglichkeiten finden sich jedoch in der Auflistung ganz am Ende dieses Textes.

Kinderuniversitäten

Kinderuniversitäten haben sich an deutschen Hochschulen in den letzten beiden Jahrzehnten zunehmend etabliert. Ihr Ziel ist es, Kinder – vorrangig zwischen acht und zwölf Jahren – für Wissenschaft zu begeistern und diese einfach und leicht verständlich zu vermitteln. Die Schüler:innen widmen sich dabei zusammen mit den Dozenten der Hochschulen Themen wie „Warum können Steine vom Himmel fallen?“, „Wie wird aus Wind elektrischer Strom?“ oder auch „Wie wird Politik gemacht?“

Je nach Standort erfolgt die Umsetzung ganz unterschiedlich. Einige Hochschulen bieten regelmäßig Veranstaltungen an einem bestimmten Wochentag an, andere halten komprimierte Angebote in einem einzelnen Monat pro Jahr vor. Auch die Formate unterscheiden sich; die Bandbreite erstreckt sich von Vorlesungen über Vorführungen und Experimenten bis hin zu Kleingruppenarbeiten. Oft rahmen die Hochschulen die Angebote zum Beispiel mit einer „Einschreibung“, einem speziellen Studierendenausweis oder dem gemeinsamen Essen in der Mensa. Kinder können auf diesem Weg einen Bildungsort erkunden, der ihnen sonst (noch lange) verschlossen bliebe. Die Hochschulen hingegen erhalten die Möglichkeit, frühzeitig potenziell zukünftige Studierende anzusprechen, aber auch verschiedene Formen der Wissensvermittlung an einer für sie neuen Zielgruppe zu erproben 1.

Frühstudium

Die Möglichkeit für ein Frühstudium – auch Juniorstudium oder Schülerstudium genannt – bieten mittlerweile viele deutsche Universitäten. Besonders begabte Schüler:innen bekommen dabei die Möglichkeit, schon während der Schulzeit an regulären Lehrveranstaltungen von Universitäten teilzunehmen und dort auch Prüfungen abzulegen, die auf ein späteres Studium angerechnet werden können. Schlechte Leistungen haben hingegen keinen Einfluss auf ein späteres Studium. Angebot und Nachfrage im Frühstudium bewegen sich aktuell vorrangig im MINT-Bereich. Die Schüler:innen werden im Frühstudium oft zusätzlich begleitet; so werden sie beispielsweise von Tutor:innen und Mentor:innen bei der Kursauswahl, im Umgang mit den universitären Strukturen oder auch in fachlichen Themen unterstützt. Weiterhin stehen Schule und Universität idealerweise zur Entwicklung der Frühstudierenden im Austausch. Oft vernetzen sich die Frühstudierenden auch untereinander.

Rahmenbedingungen für ein Frühstudium

Damit Schüler:innen ein Frühstudium absolvieren können und dürfen, müssen einige Bedingungen erfüllt sein: Lehrkräfte müssen zunächst einmal in der Lage sein, individuelle Begabungen bei ihren Schüler:innen zu erkennen, um entsprechende Förderangebote einleiten zu können. Zusätzlich muss die Schule konzeptionell und infrastrukturell darauf eingestellt sein, Schüler:innen zeitweise in ein Frühstudiumsangebot zu „entlassen“ – wichtig ist dabei auch, dass das Frühstudium nicht als Konkurrenz zum Schulunterricht wahrgenommen wird, sondern als eine für alle Beteiligten bereichernde Ergänzung. Die Schüler:innen selbst benötigen ein hohes Maß an Interesse und intrinsischer Motivation sowie gute Kompetenzen in der Selbstorganisation, denn neben den für das Frühstudium zu erbringenden Leistungen muss der in der Schule verpasste Stoff nachgearbeitet werden. Die Auswahlkriterien für die Zulassung zum Frühstudium unterscheiden sich je nach Hochschule ein wenig. Ganz grundsätzlich werden eine Empfehlung der Schulleitung und die Zustimmung der Eltern vorausgesetzt, häufig auch ein guter Notendurchschnitt – wobei gerade auch hochbegabte Underachiever von einem Frühstudium profitieren können 2.

Frühstudium kann Unterforderung vorbeugen

Ein Frühstudium ist damit eine hilfreiche außerschulische Enrichment- und gleichzeitig Akzelerationsmaßnahme insbesondere für die Schüler:innen, die sich im schulischen Alltag manchmal unterfordert fühlen. Gleichzeitig kann ein Frühstudium schon in der Schulzeit bei der späteren Berufswahl helfen. Teilnehmende an Frühstudiengängen verlassen ihren schulischen Alltag oft für „die“ eine Vorlesung, die sie brennend interessiert. Dies fühlt sich für die Frühstudierenden besonders privilegierend an und führt meist zu hoher Motivation. Studien belegen entsprechend, dass Frühstudiumsangebote insgesamt gut angenommen werden und in Qualität und Wirkung sehr positive Ergebnisse zeigen 3.

Schülerlabore

Schülerlabore bieten Schüler:innen die Möglichkeit, sich in wissenschaftliche Themen zu vertiefen und herauszufinden, ob ein späterer Beruf in entsprechenden Arbeitsgebieten für sie interessant wäre. Für Letzteres finden sich auch spezielle Schülerlabore mit Berufsorientierung. Dort lernen Schüler:innen verschiedene Berufsmöglichkeiten kennen und werden gezielt darin unterstützt, ihre entsprechenden Interessen und Stärken weiterzuentwickeln. In Deutschland gibt es mittlerweile über 380 Schülerlabore mit zum Teil recht unterschiedlichen Ausrichtungen. Viele davon kooperieren in regionalen oder überregionalen Netzwerken. Die meisten Labore werden von Universitäten angeboten, welche ihre Labore für ganze Schulklassen im Rahmen schulischer Veranstaltungen öffnen. Darüber hinaus finden sich aber auch viele außerschulische Angebote. Beispielsweise stehen Schüler:innen so genannte Schülerforschungszentren offen, in denen in der Freizeit alleine oder in kleinen Teams experimentiert wird. Zum Teil werden Räumlichkeiten weiteren Personengruppen wie Senioren oder freiwillig unterstützenden Eltern geöffnet, sodass hier generationenübergreifend zusammen geforscht und entwickelt werden kann. Auch große internationale Forschungszentren bieten zum Teil Schülerlabore an; hier bekommen Schüler:innen meist einen direkten Einblick in die Grundlagenforschung.

Schülerlabore abseits der klassischen MINT-Fächer

In einigen Schülerlaboren findet sich auch eine recht betriebswissenschaftliche Ausrichtung, bei der der Fokus mehr darauf liegt, den Weg von einer Idee zu einem fertigen Produkt aufzuzeigen 4. Auch wenn der Fokus der Schülerlabore insgesamt auf den MINT-Fächern liegt, haben sich in den Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften ebenfalls Labore etabliert. Dort werden „Phänomene betrachtet, die sich aus dem Wirken des Menschen als handelndes Wesen ergeben“ 4. Es wird dabei miteinander zu geschichtlichen, gesellschaftlichen und literarischen Themen gesprochen und geforscht.

Wettbewerbe

In Wettbewerben können Schüler:innen alleine oder im Team Ideen entwickeln und verwirklichen, sich ausprobieren, Gleichgesinnte treffen und ihre Fähigkeiten mit anderen messen. Damit sind sie ein interessanter Baustein in der außerschulischen Begabtenförderung. Die Themen bei den Wettbewerben sind vielfältig und können gleichermaßen den MINT-Bereich, wie auch den gesellschaftswissenschaftlichen, sprachlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Bereich fokussieren 5. Neben diversen landesweiten Wettbewerben existieren viele bundesweite Wettbewerbe. Diese werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert bzw. gemeinsam mit den Bundesländern und anderen Partnern angeboten. Oft sind Vereine, Organisationen, Stiftungen, Unternehmen, Verbände und weitere Einrichtungen in die Durchführung bzw. Unterstützung eingebunden, zumal nicht selten landesweite mit bundesweiten Angeboten verquickt sind 5. Für bundesweite Wettbewerbe lassen sich als ein exemplarischer Ausblick auf die Bandbreite der Angebote nennen:

Wettbewerbe für den MINT-Bereich:

  • Jugend forscht
  • Bundesweite Mathematik-Wettbewerbe
  • Bundesweite Informatikwettbewerbe
  • Der Auswahlwettbewerb zur Internationalen JuniorScienceOlympiade (IJSO)
  • Auswahlwettbewerb zur Internationalen PhysikOlympiade (IPhO)
  • Auswahlwettbewerb zur „Internationalen BiologieOlympiade“ (IBO)
  • Auswahlwettbewerb zur Internationalen ChemieOlympiade (IChO)
  • Bundesumweltwettbewerb
  • INVENT a CHIP (IaC)

Wettbewerbe für den gesellschaftswissenschatlichen Bereich (inkl. Fremdsprachen):

  • Wettbewerb Demokratisch Handeln
  • Europäischer Wettbewerb
  • Jugend Debattiert
  • Bundeswettbewerb Fremdsprachen
  • Jugend gründet

Wettbewerbe für den musischen Bereich:

  • Lyrix – Bundeswettbewerb für junge Lyrik
  • Bundeswettbewerb Jugend komponiert
  • Theatertreffen der Jugend
  • Tanztreffen der Jugend
  • Treffen junge Musik-Szene
  • Treffen junger Autorinnen
  • up-and-coming – Internationales Filmfestival Hannover

Ein Gewinn bei Wettbewerben bringt oft weiterführende Möglichkeiten mit sich: Die Gewinner:innen der Bundeswettbewerbe Mathematik und Fremdsprachen z. B. können in die Studienstiftung des deutschen Volkes aufgenommen werden; wer beim Bundeswettbewerb Mathematik und bei Jugend forscht im Fachgebiet Mathematik besonders gut abschneidet, wird zum Auswahlwettbewerb zur Internationalen Mathematik-Olympiade (IMO) eingeladen.

Olympiaden

Auch bei den Olympiaden existieren vielfältige, von unterschiedlichen Einrichtungen organisierte Angebote. Viele davon stammen aus dem naturwissenschaftlich-mathematischen Bereich, wie die Internationale BiologieOlympiade (IBO), die Internationale ChemieOlympiade (IChO), die Internationale JuniorScienceOlympiade (IJSO), die Internationale PhysikOlympiade (IPhO), die Deutsche Neurowissenschaften-Olympiade und die Mathematikolympiaden in Deutschland. Es finden sich aber auch Olympiaden im sprachlichen Bereich, z. B. die Internationale Linguistik-Olympiade (IOL) oder die Deutsch-Olympiade. Ähnlich wie in den Wettbewerben stellen sich interessierte Schüler:innen besonderen spannenden Aufgaben, Experimenten und Fragestellungen, die es in mehreren Runden zu bearbeiten und zu lösen gilt. Der Zugang zu den ersten Runden ist dabei in der Regel eher niedrig angesetzt und nicht an besondere Voraussetzungen gekoppelt. Grundsätzlich gilt bei den Olympiaden das Motto: „Dabei sein ist alles“ 6.

Landesseminare

Landesseminare werden in Eigenregie der Bundesländer durchgeführt und dienen häufig zur Vorbereitung besonders begabter Schüler:innen auf Wettbewerbe und Olympiaden. Gleichzeitig stellen sie oft auch ein weiterführendes Angebot für diejenigen Schüler:innen dar, die sich in Wettbewerben besonders qualifiziert haben. In den Landesseminaren wird in kleinen Gruppen geforscht, an herausfordernden Aufgaben gearbeitet und der Austausch mit Gleichgesinnten ermöglicht.

Deutsche SchülerAkademie (DSA)

Vom Talentförderzentrum des Bundes und der Länder „Bildung &  Begabung“ wird seit langer Zeit die jährlich stattfindende Deutsche SchülerAkademie angeboten. Sie richtet sich an besonders leistungsfähige und motivierte Schüler:innen der gymnasialen Oberstufe. In sechs Kursen werden verschiedenste Themen behandelt; die Kurse werden durch weitere übergreifende musische, sportliche und künstlerische Angebote ergänzt. Seit 2021 finden zusätzlich digitale Angebote statt. Die Akademien bieten den Teilnehmer:innen die Möglichkeit, über ihre bisherigen Erfahrungen hinaus zu gehen und sich mit für sie neuen Methoden und Denkansätzen zu beschäftigen 7.

Deutsche JuniorAkademie (DJA)

Das Konzept der Deutschen JuniorAkademien (DJA) orientiert sich an dem der Deutschen SchülerAkademien (DSA). Die DJA werden im Gegensatz zu den DSA in einzelnen Bundesländern angeboten. Aufgrund der entsprechenden föderalistischen Struktur variieren die Akademien in Umfang, Dauer, Durchführung und auch Teilnahmebedingungen. Die Programmentwicklung der DJA wird allerdings von Bildung & Begabung koordinierend begleitet, und es bestehen einheitliche Qualitätsmerkmale, die einen hohen pädagogischen Standard der einzelnen Akademien sicherstellen. Die DJA richten sich an besonders begabte Schüler:innen der Sekundarstufe I, die sich in den jeweiligen Sommer- oder Herbstferien mit speziellen Themen beschäftigen möchten 8.Über die bundesweiten Schüler- und JuniorAkademien hinaus finden sich in den einzelnen Bundesländern noch weitere regionale Akademieangebote 9.

Gerechter Zugang und Teilhabe

Die aufgeführten außerschulischen Angebote sind für die Teilnehmenden in der Regel nur mit einem geringen Kostenaufwand verbunden und diesbezüglich eher niedrigschwellig zugänglich. Dennoch ist zu vermuten, dass nicht wenigen Schüler:innen mit hohem Potenzial der Zugang zu außerschulischen Enrichment- und Akzelerationsangeboten verschlossen bleibt. Bei Frühstudierenden beispielsweise stammte 2011 rund 71 Prozent der Schüler:innen aus einem Haushalt, in dem mindestens ein Elternteil studiert hat 10. Es zeigt sich: „Die Begabungen von Kindern aus sozial schwächeren und bildungsfernen Schichten werden deutlich seltener erkannt und gefördert. Das gilt auch für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund“ 10. Zusätzlich werden nicht alle Kinder mit hohem Potenzial und besonderem Interesse erkannt, insbesondere bei hochbegabten Minderleistern ist dies oft der Fall.

Lehrkräfte benötigen also gute diagnostische Kompetenzen und einen genauen Blick im schulischen Alltag dafür, welche Kinder von zusätzlichen Angeboten besonders profitieren können, damit die Breite an außerschulischen Angeboten auch tatsächlich allen Kindern und Jugendlichen in angemessenem Maße zugutekommt.

Weiterführende Informationen

  • Einen weiteren guten Überblick über diverse Angebote bundesweit gibt der Begabungslotse, ein Informationsportal von „Bildung und Begabung“, das über Angebote rund um Talententwicklung und Begabungsförderung in Deutschland informiert.
  • Über bundesweite Wettbewerbe informiert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
  • Im Lernortlabor informiert der Bundesverband der Schülerlabore über entsprechende Angebote.
  • Auf den Seiten des Hochschulkompass, einem Informationsportal der Hochschulrektorenkonferenz, findet sich eine Auflistung aller Hochschulen, die ein Frühstudium anbieten,
  • Eine bundesweite Übersicht über Kinder-Unis und ihre Veranstaltungen findet sich hier.
  • Die bundesweite Netzwerk-Initiative, die Mädchen und Frauen für MINT-Studiengänge und -Berufe begeistern möchte, inforrmiert hier u. a. über diverse außerschulische Angebote im MINT-Bereich.