Hochbegabung verstehen
Kitas und ihre Mitarbeiter:innen müssen auf die unterschiedlichen Voraussetzungen „ihrer“ Elternschaft reagieren, ihre Arbeit also an den sie umgebenden Sozialraum anpassen, um alle Kinder und Familien hinsichtlich ihrer Bedürfnisse gut zu erreichen. Immer mehr Kitas entwickeln sich daher zu Familienzentren. Sie setzen sich zum Ziel, nicht nur ein Betreuungs- und Bildungsangebot für Kinder zu schaffen, sondern auch Eltern und Familien zu unterstützen, sie für die Entwicklungsprozesse ihrer Kinder zu sensibilisieren und in ihren erzieherischen Kompetenzen zu stärken.
Erziehungskompetenzen fördern
Die besonderen Stärken von Familienzentren zeigen sich insbesondere in Sozialräumen, in denen viele Kinder in bildungsfernen, finanziell benachteiligten Familien aufwachsen. Mit ihrem stärkenorientierten Blick helfen Familienzentren den Familien, ihre eigenen Ressourcen zu erkennen und zum Wohle der Kinder zu nutzen. Sie entwickeln aber auch bedarfsorientierte Angebote zur Unterstützung von Familien. Während es in Gesprächen bei bildungsaffinen und materiell gut versorgten Familien oft um sehr konkrete Fragen der Begabungs- und Begabtenförderung und Möglichkeiten der zusätzlichen Anregung geht, müssen mit Blick auf die sogenannten bildungsbenachteiligten Familien niedrigschwellige Gelegenheiten geschaffen werden, über die Entwicklungsbedürfnisse eines Kindes zu sprechen. Durch einrichtungsintegrierte Beratungs- und Familienbildungsangebote wird Vertrauen zu Institutionen aufgebaut. Wenn dies gelungen ist, können die Familien auch in eigenen Ressourcen und Kompetenzen bestärkt und im Aufbau weiterer Erziehungskompetenzen gefördert werden.
Angebote an Eltern für mehr Chancengerechtigkeit
Die Gelegenheiten, solche informellen Beratungs- und Gesprächsmöglichkeiten zwischen Fachkräften und Eltern zu schaffen, sind vielfältig. Sie reichen von Eltern-Cafés über gemeinsam gestaltete Aktivitäten für Familien bis hin zu spezifischen Kursen für die Elternbildung. Wichtig ist dabei, mit einem positiven, ressourcenorientierten Blick auf Kinder und Familien zu schauen und gleichzeitig auf spezifische Risiken oder wahrgenommene entwicklungsbehindernde Aspekte zu reagieren. Dies stellt Kitas bzw. Familienzentren zwar vor hohe Herausforderungen, doch es lohnt sich, diese anzunehmen: Sie schaffen damit die Voraussetzung dafür, dass es chancengerechter zugeht, Kinder sich vielfältig ausprobieren können und in ihren besonderen Potenzialen von Eltern wie Einrichtungen erkannt werden.
Niederschwellige Beratung in der Kita
Eine weitere Form der niederschwelligen Beratung durch Familienzentren liegt in der Zusammenarbeit mit Beratungsstellen und der Schaffung von integrierten Beratungsangeboten durch Erziehungs- oder entwicklungs-psychologische Beratungsstellen. Die Integration solcher Beratungsleistungen in ein Familienzentrum (z. B. in Form einer offenen Sprechstunde) bietet nicht nur einen erleichterten Zugang für die Familien. Vielmehr erhöht die Vertrautheit mit dem Ort, an dem die Beratung stattfindet, die Bereitschaft, das Beratungsangebot anzunehmen.
Zudem besteht die Möglichkeit, die Fachkräfte der Kita in die Beratung einzubeziehen. Das schafft zusätzliches Vertrauen aufseiten der Eltern und stärkt die Verankerung von Ergebnissen der Beratung in den Alltag der Kita – und die fördert die Umsetzung der Beratungsergebnisse durch die Gespräche der Kita-Fachkräfte mit den Familien.
Zum Weiterlesen
Kathrin Schmitt; Gerhard Büttner: Aufeinander zugehen. Stärkung von Bildungsgerechtigkeit durch Beratung in und für Kindertagesstätten. Karg Hefte – Beiträge zur Begabtenförderung und Begabtenförderung, 10. Frankfurt a. M.: Karg-Stiftung. S. 54–62.
Dieser Artikel basiert auf folgender Veröffentlichung:
Koop, C.; Seddig, N. (2021): Hochbegabung bei Kindern erkennen und begleiten. Kindergarten heute wissen kompakt. Freiburg im Breisgau: Herder.