Diagnostik mit Intelligenztests

Beratung

SPM (1998) – Standard Progressive Matrices (Heller, Kratzmeier & Lengfelder, 1998)

Altersbereich: Ab 7 Jahre

Test-Typ: Einzel- und Gruppentest

Erscheinungsjahr: 1998

Verlag: Beltz, Göttingen

Hinweis: Zu diesem Test liegt bereits die Testrezension des Nachfolgers vor:
SPM (2009)

SPM (1998) – Standard Progressive Matrices (Heller, Kratzmeier & Lengfelder, 1998)

1 Beschreibung

1.1 Zielsetzung und Grundlagen

Die SPM dienen der sprachfreien Erfassung der allgemeinen Intelligenz mittels figuralem Aufgabenmaterial (Matrizenaufgaben) bei Kindern ab 7 Jahren.

Die Raven-Matrizentests wurden zur Erfassung der allgemeinen Intelligenz im Sinne des Intelligenzfaktors „g“ in Spearmans Intelligenzmodell (Spearman, 1904) entwickelt. Erfasst werden soll insbesondere die eduktive Komponente des g-Faktors. Diese umfasst die Fähigkeit zur Entwicklung, Ableitung oder zum Herausfiltern neuer Einsichten oder Informationen aus dem, was eine Person wahrnimmt oder bereits weiß und damit letztendlich induktive Fähigkeiten und Denkprozesse (Raven, Raven & Court, 1996).

1.2 Aufbau

  • 5 Testteile mit je 12 Aufgaben (A bis E) in ansteigender Schwierigkeit.
  • Testteil A: Musterergänzung, B: Figurenergänzung, C: Progressive Weiterentwicklung einer Grundfigur, D: Erkennung von Prinzipien zur Anordnung und Kombination von Figuren, E: Zerlegung von Figuren in Teilfiguren durch Addition und Subtraktion
  • Jede Aufgabe besteht aus unvollständigen geometrischen Mustern oder Figuren, die korrekt ergänzt werden sollen.
  • Es existieren verschiedene Computerversionen (Wiener Testsystem; Schuhfried).
  • Bei Kindern bis zur 3. Klasse und bei nonverbaler Instruktion sollte der Test möglichst als Einzeltest bzw. in Kleingruppen (max. 5 Kinder) durchgeführt werden.
  • Es existiert kein Paralleltest.

1.3 Quellen

Heller, K.A., Kratzmeier, H. & Lengfelder, A. (1998). Matrizen-Test-Manual, Band 1. Ein Handbuch mit deutschen Normen zu den Standard Progressive Matrices von J. C. Raven. Göttingen: Beltz.

2 Anwendung

2.1 Zusammenfassung

Die Prüfung der Aktualität der Normen bzw. eine Neunormierung sind erforderlich. Die Ergebnisinterpretation muss daher mit Vorsicht erfolgen; insbesondere ist eine Überschätzung von Fähigkeiten wahrscheinlich.

Aufgrund der Eindimensionalität des Verfahrens und des damit eingeschränkten Messbereichs eignen sich die SPM zur Hochbegabungsdiagnostik nur in Kombination mit mehrdimensionalen Testverfahren.

Bei überdurchschnittlich begabten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ist mit Deckeneffekten zu rechnen.

Der erreichbare Höchstwert liegt bei T=80.

2.2 Eignung als Screening

Als Screening eingeschränkt geeignet

Bis zur dritten Klasse Gruppentestungen max. 5 Kindern; Durchführungsdauer von ca. 60 Min. wird in Kleingruppen vermutlich überschritten.

2.3 Eignung zur Profilerstellung

Fähigkeitsprofil nicht möglich

Aufgrund der Eindimensionalität der SPM ist die Erstellung eines Intelligenzprofils nicht möglich.

2.4 Eignung für die Schullaufbahnberatung

Für die Schullaufbahnberatung eingeschränkt geeignet

Aufgrund des eingeschränkten Messbereichs (fluide Intelligenz mit ausschließlich figuralem Aufgabenmaterial) nur in Kombination mit mehrdimensionalen Tests geeignet; insbesondere Ergänzung um Tests verbaler Fähigkeiten als wichtige Prädiktoren für Schulerfolg (Vock, 2008).

Bei überdurchschnittlich begabten Kindern mögliche Deckeneffekte beachten.

2.5 Eignung für Selektionsentscheidungen

Für Selektionsentscheidungen eingeschränkt geeignet

Bei überdurchschnittlich begabten Kindern und älteren Testpersonen mögliche Deckeneffekte beachten.

3 Normierung

3.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

3.2 Aktualität der Normen

Überprüfung/Aktualisierung der Normen erforderlich

Normierung: 1996/1997.

Altersnormen für Schüler/innen ab 7 Jahren (in Einjahresschritten) und schultypspezifische Klassennormen (T-Werte, PR); Studienfachspezifische Normen für Studierende (T-Werte, PR).

Von einer Transformation in IQ-Werte wird abgeraten, da die Verteilung der Testwerte in keiner der untersuchten Stichproben einer Normalverteilung entsprach.

3.3 Repräsentativität der Normen

Repräsentativität der Normen eingeschränkt

n = 2.134 Schüler/innen aus Grund-, Haupt- und Realschulen sowie Gymnasien vorwiegend aus BY, ergänzt durch Daten aus NW und BE (Auswahl anhand der Grund- und Strukturdaten 1995/1996 des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie; keine Angaben zur Geschlechterverteilung; 7-15 Jahre).

Keine signifikanten Geschlechtsunterschiede.

Kinder mit Migrationshintergrund (n = 272) schneiden nur in der Gruppe der achtjährigen Grundschulkinder signifikant schlechter ab.

n = 347 Studierende verschiedener Fachrichtungen aus bayerischen Hochschulen (Auswahl anhand des Statistischen Jahrbuchs 1994 des Bundesamts für Statistik; keine Angaben zur Geschlechterverteilung; Alter: 19-53 Jahre, im Mittel ca. 24 Jahre).

Eine abschließende Beurteilung der Repräsentativität ist aufgrund von unzureichenden Angaben zur Stichprobe nicht möglich.

4 Objektivität

4.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

4.2 Durchführungsobjektivität

Durchführungsobjektivität gegeben

Standardisierte verbale und nonverbale Instruktion vorhanden.

Standardisierte schriftliche Instruktion in der Computerversion.

4.3 Auswertungsobjektivität

Auswertungsobjektivität gegeben

Genaue Auswertungshinweise vorhanden.

Die Auswertung der Computerversion erfolgt automatisch.

4.4 Interpretationsobjektivität

Interpretationsobjektivität gegeben

Normtabellen und zusätzliche Interpretationshinweise vorhanden.

Unhandlich, da zwei verschiedene Manuale zu Rate gezogen werden können (vgl. SPM von Horn, 2009).

5 Reliabilität

5.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

5.2 Paralleltest-Reliabilität

Paralleltest-Reliabilität entfällt (Kein Paralleltest vorhanden)

5.3 Testhalbierungsreliabilität

Testhalbierungsreliabilität eingeschränkt gegeben

Schüler/innen, Normierungsstichprobe; zum Teil erhebliche Einschränkungen der Split-half-Reliabilität, Werte von nicht ausreichend bis sehr gut (.51-.99).

Studierende, keine weiteren Angaben; sehr gute Split-half-Reliabilität für Sozial- und Geisteswissenschaften, Jura, Sport, Musik und Kunst (.97); nicht ausreichende Split-half-Reliabilität für Technik, Natur-, Ingenieurswissenschaften und Medizin (.54).

5.4 Retest-Reliabilität

Retest-Reliabilität weitestgehend gegeben

136 Schüler/innen unterschiedlicher Schultypen, keine weiteren Angaben; hohe Stabilität bei Testwiederholung nach drei Monaten (.91).

485 Schüler/innen, sechststufige Berliner Grundschule; geringe bis mittlere Stabilität bei bei Testwiederholung nach einem Jahr (.54/.66).

5.5 Interne Konsistenz

Interne Konsistenz weitestgehend gegeben

Schüler/innen, Normierungsstichprobe; akzeptable bis sehr gute interne Konsistenzen (.75-.99).

Studierende, keine weiteren Angaben; gute bis sehr gute interne Konsistenz für Sozial- und Geisteswissenschaften, Jura, Sport, Musik und Kunst (.79-96); mangelhafte interne Konsistenz für Technik, Natur-, Ingenieurswissenschaften und Medizin (.02-.62).

5.6 Profilreliabilität

Profilreliabilität entfällt (keine Profilerstellung möglich)

6 Validität

6.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

6.2 Konstruktvalidität

Konstruktvalidität weitestgehend gegeben

Faktorenanalysen erbrachten Hinweise auf Mehrfaktoren-Struktur der SPM.

Eine Vielzahl von Forschungsbefunden stützt die Konstruktvalidität der SPM (Preckel, 2003).

6.3 Kriteriumsvalidität

Kriteriumsvalidität gegeben

Zusammenhänge mit anderen Intelligenztests

KFT 5-13R (Heller & Perleth, 1998): 112 Schüler/innen, keine weiteren Angaben; mittlere Korrelation mit nonverbaler Skala des KFT (.66).

CFT 20 (Weiß, 1978): 91 Schüler/innen, keine weiteren Angaben; mittlere Korrelation (.55; Knöckel, 1996).

ZVT (Oswald, & Roth, 1978): 96 Schüler/innen, keine weiteren Angaben; niedrige Korrelation (.33; Kuehne, 1997).

PSB (Horn, 1969): 1169 Schüler/innen, keine weiteren Angaben; mittlere Korrelation (.56; Kratzmeier & Horn, 1988).

Zusammenhang mit Schulnoten

121 Schüler/innen, 5.-8. Klasse, Hauptschule; mittlerer Zusammenhang mit Mathenote (.50), keine oder niedrige Zusammenhänge mit Deutschnote (n.s.) und Englischnote (.27).

116 Schüler/innen, 6. und 7. Klasse, Haupt-, Real- und Gymnasialschule; mittlerer Zusammenhang mit Mathenote (.40), niedrige Zusammenhänge mit Deutschnote (.27) und Englischnote (.18).

290 Studierende, keine weiteren Angaben; Nullkorrelation mit der Abiturnote.

Schultypvergleich ergab, dass die SPM nur grob zwischen Haupt-, Real- und Gymnasialschüler/innen differenzieren können.

6.4 Prognostische Validität

Angaben zur prognostischen Validität fehlen

7 Ökonomie

7.1 Vorbemerkungen

Keine speziellen Hinweise

7.2 Durchführungsökonomie

Durchführung ökonomisch

Durchführungsdauer max. 45 Min., inklusive Instruktion ca. 60 Min.

Computerversion: 10 bis 30 Min.

7.3 Auswertungsökonomie

Auswertung ökonomisch

Auswertung dauert nur wenige Minuten.

8 Weiterführendes

8.1 Vorgängerversion

Bulheller, S. & Häcker, H. (1999). Deutsche Bearbeitung des SPM Manuals von Raven, J.C., Raven, J. Court, J.H. und Normierung des SPM Plus. Frankfurt a.M.: Swets Test Services.

8.2 Literaturangaben

Heller, K.A. & Perleth, C. (1998). Kognitiver Fähigkeitstest für 5. bis 13. Klassen (KFT 5-13R). Göttingen: Hogrefe.

Horn, W. (1969). Prüfsystem für Schul- und Bildungsberatung. Göttingen: Hogrefe.

Horn, R. (2009). Raven’s Standard Progressive Matrices. Frankfurt: Pearson.

Knöckel, N. (1996). Validierungsstudie zu den Standard Progressive Matrices (SM) in der Hautpschule. Unveröffentlichte Zulassungsarbeit. München: LMU.

Kratzmeier, H. & Horn, R. (1988). Standard Progressive Matrices. Manual. Weinheim: Beltz.

Kuehne, F. (1997). Validierungsstudien zu SPM und APM. Unveröffentlichte Zulassungsarbeit. München: LMU.

Oswald, W.D. & Roth, E. (1978). Der Zahlenverbindungstest (ZVT). Göttingen: Hogrefe.

Preckel, F. (2003). Diagnostik intellektueller Hochbegabung. Testentwicklung zur Erfassung der fluiden Intelligenz. Göttingen: Hogrefe.

Raven, J., Raven, J.C. & Court, J.H. (1996). Manual for Raven’s Progressive Matrices and Vocabulary Scales. Oxford: Oxford Psychologists Press.

Spearman, C. (1904). ‘General intelligence’ objectively determined and measured. American Journal of Psychology, 15, 201–293.

Vock, M. (2008). Non-verbaler Intelligenztest (SON-R 2½-7). Dt. Standardisierung von P.J. Tellegen, J.A. Laros & F. Petermann. Unter Mitarbeit von Nina Janke, Norbert Karpinski und Anja Renziehausen (2007) [Testinformation]. Diagnostica, 54, 112-115.

Weiß, R. (1978). Grundintelligenztest CFT 20, Skala 2. Braunschweig: Westermann.