Hochbegabte unterstützen

Beratung

Podcast-Reihe „Liebe Karg-Stiftung ...“ – Folge 4: Die passende Beratung bei Hochbegabung

In dieser Folge der Podcast-Reihe „Liebe Karg-Stiftung ...“ sprechen Dr. Wiebke Evers und Dr. Anne-Kathrin Stiller, beide Projektleiterinnen im Bereich Beratung der Karg-Stiftung, darüber, wie man in dem Beratungsdschungel rund um Hochbegabung das richtige Beratungsangebot findet. Sie erfahren, wo es geeignete Ansprechpartner gibt, und in welchen Fällen eine Spezialisierung auf Hochbegabung wichtig ist. Hier gibt es eine kurze Anleitung, wie Sie professionelle und qualifizierte Angebote erkennen können, und auf welche Informationen Sie achten sollten. Hören Sie rein!

Von: Anne-Kathrin Stiller und Wiebke Evers


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Die Podcastfolge zum Nachlesen

Dr. Wiebke Evers: Herzlich Willkommen zum Podcast „Liebe Karg-Stiftung ...“!

Dr. Anne-Kathrin Stiller: Wir sind Anne-Kathrin Stiller ...

Dr. Wiebke Evers: und Wiebke Evers.

Dr. Anne-Kathrin Stiller: Wir beide sind beide Psychologinnen und sind in der Karg-Stiftung im Bereich Beratung tätig.

Dr. Wiebke Evers: Wir werden in dieser Reihe auf typische Fragen und Anliegen von Eltern hochbegabter Kinder eingehen, die viele bewegen. Dabei stellen wir fiktive Anfragen von Eltern vor und besprechen diese gemeinsam vor unserem fachlichen Hintergrund.

Dr. Anne-Kathrin Stiller: Das ersetzt natürlich keine individuelle Beratung. Wir möchten damit eine erste Orientierung geben und Eltern vielleicht den einen oder anderen Handlungsansatz bieten und wir werfen Fragen auf, die helfen können, eine Situation zu klären oder Lösungsmöglichkeiten zu finden. Heute widmen wir uns einer eher allgemeinen Anfrage.

Dr. Wiebke Evers: Herr P. schreibt:

Liebe Karg-Stiftung,

mein Sohn Theo, 14 Jahre, ist hochbegabt. Er hat sehr hohe Ansprüche an sich selbst und setzt sich in der Schule stark unter Druck. Oft lernt er bis spät in die Nacht hinein. Sein Schulstress belastet die Stimmung in unserer Familie. Wir als Eltern fragen uns, wie wir mit der Situation besser umgehen können. Wie finde ich eine Beratung, die zu uns passt? Wie kann ich auch sichergehen, dass diese fachlich qualifiziert ist? Auf den Webseiten der Beratungsstellen finde ich sehr viele Informationen. Das ist überwältigend und ich weiß nicht, worauf ich bei der Auswahl achten soll!

Dr. Anne-Kathrin Stiller: Ja, da werden wir auf jeden Fall auf diese übergeordnete Frage eingehen: Es gibt einen Wunsch nach Beratung, aber die Suche nach der richtigen Beratungsstelle ist irgendwie eine Herausforderung, also wer soll das sein und mit welcher Qualifikation?

Dr. Wiebke Evers: Das Anliegen was hier hinter dem Wunsch nach Beratung steckt, ist ja eine Verbesserung der Situation sowohl für Theo in der Schule als auch in und für die Familie.

Dr. Anne-Kathrin Stiller: Da kommen grundsätzlich natürlich verschiedene Beratungsstellen in Frage. Also auch solche, die nicht auf Hochbegabung spezialisiert sind.

Dr. Wiebke Evers: Im Allgemeinen kann man sagen: Je stärker die Hochbegabung im Anliegen eine Rolle spielt und je größer die Fragen sind, mit denen sie sich in diesem Bezug beschäftigten, desto wichtiger ist auch eine Spezialisierung und Expertise bei den Beratenden auf diesem Gebiet. Aus meiner Sicht würde hier für eine Beratung – in diesem Fall, in dem die Hochbegabung ja durchaus eine Rolle spielt – der Schulpsychologische Dienst zum Beispiel in Frage kommen.

Dr. Anne-Kathrin Stiller: Genau, der berät bei Fragestellungen oder Problemen, die in Zusammenhang mit der Schule auftreten.

Dr. Wiebke Evers: Der Schulpsychologische Dienst ist oft verantwortlich für spezielle Ortsteile oder Regionen oder auch direkt Schulen. Manchmal gibt es hier aber übergeordnete Personen mit besonderen Kenntnissen zum Thema Hochbegabung, nach denen auch direkt von Eltern gut gefragt werden kann.

Dr. Anne-Kathrin Stiller: Die Schulpsycholog:innen sind mit dem Thema Hochbegabung grundsätzlich vertraut. Sie können aber auch bei angrenzenden Fragestellungen, also wenn es zum Beispiel um Teilleistungsschwächen oder ähnliches geht, unterstützen. In ihrem Anliegen nennen Sie ja Erwartungsdruck und Stress, da wären Sie auf jeden Fall auch bei der Schulpsychologie richtig. Wenn es sich dann aus der Beratung ergibt, können da auch noch Lehrkräfte mit einbezogen werden, um dann eben gemeinsam Lösungsansätze für Theo zu finden. Allerdings könnte ich mir bei der Thematik auch vorstellen, dass vielleicht auch eine Erziehungs- und Familienberatungsstelle in Frage kommt.

Dr. Wiebke Evers: Das sind auf jeden Fall gute Anlaufstellen bei Themen, in denen es um die familiäre Interaktion geht, auch um Erziehungsfragen, wenn Sie sich wünschen die Familiendynamik zu verbessern, die Kommunikation oder auch die Beziehung stärken wollen. Aber auch bei Fragen rund um das Wohlbefinden in der Schule sind Sie hier richtig.

Dr. Anne-Kathrin Stiller: Ja, bei der Erziehungs- und Familienberatung ist die Zuständigkeit häufig regional verankert, das heißt, in der Kommune oder im Stadtteil. Da müssten Sie dann schauen, wie das bei Ihnen vor Ort gestaltet ist. Auch hier ist es wichtig, auf jeden Fall das Stichwort Hochbegabung zu nennen, wenn das für Ihr Anliegen wichtig ist, denn dann können Sie eben, wenn es da einen speziellen Ansprechpartner für das das Thema gibt, auch zu demjenigen finden.

Dr. Wiebke Evers: In vielen Regionen gibt es auch auf Hochbegabung spezialisierte Beratungsangebote, die an öffentlichen Stellen angesiedelt sind – wie zum Beispiel an der Uni. Manche von denen kümmern sich schwerpunktmäßig eher um Diagnostik und Förderberatung, andere beraten aber auch durchaus hinsichtlich schulischer Herausforderungen oder auch Familiendynamiken. Sollten Sie die Info nicht auf der Webseite finden, die Sie benötigen, um zu schauen ob sie an einer besonderen Stelle richtig sind, dann fragen Sie gerne direkt nach. Oft gibt es die telefonische Beratung vorab, über die Sie die Infos erfragen können. Dann gibt es natürlich auch private Beratungspraxen.

Dr. Anne-Kathrin Stiller: Ja und häufig gibt es dann auch dort die Möglichkeit zur psychologischen Beratung und Diagnostik und es gibt eben auch Praxen, die wirklich einen Schwerpunkt auf dem Thema Hochbegabung haben. Allerdings müssen Ratsuchende die Kosten meist selbst tragen in diesen Fällen. Der Vorteil ist, man bekommt häufig schneller einen Termin und das ist dann, für viele von Ihnen, vielleicht doch eine interessante Option. Sie sollten aber hier auf jeden Fall ganz genau hinsehen.

Dr. Wiebke Evers: Genau, denn es ist hier noch einmal besonders auf die Qualifikation der Beratenden zu achten, denn viele Begriffe im Beratungskontext sind nicht geschützt. Zum Beispiel der Begriff „psychologische Praxis“. Solch eine Herausforderung stellt sich im Übrigen bei der Beratung durch den schulpsychologischen Dienst oder durch öffentlich finanzierte Beratungsstellen oder auch die Erziehungsberatung nicht so sehr.

Dr. Anne-Kathrin Stiller: Achten Sie auf jeden Fall auf die passende Grundqualifizierung, die ist nämlich geschützt. Es sollte ein:e Psycholog:in oder ein:e Pädagog:in sein und die Person sollte eine beraterische Zusatzqualifikation haben, die eben auch zertifiziert ist. Je nach Anliegen ist es dann außerdem sinnvoll, dass vielleicht noch weitere fachliche Voraussetzungen vorhanden sind, zum Beispiel eine therapeutische Zusatzqualifikation.

Dr. Wiebke Evers: Schauen Sie zum Beispiel mal auf der Website nach solchen Warnhinweisen, die Sie hellhörig werden lassen sollten. Zum Beispiel detaillierte Lebensläufe mit Aufführung jeder einzelnen Fortbildung, oder auch ausschweifende persönliche Hintergrundgeschichten sollten sie noch mal dazu anhalten die fachliche Grundqualifikation, wie ein Studium in einer psychosozialen Richtung, noch einmal genauer zu prüfen oder zu erfragen.

Dr. Anne-Kathrin Stiller: Warum ist das denn eigentlich so wichtig, dazu sollten wir vielleicht auch noch mal kurz einen Hintergrund geben. So eine Grundqualifikation gewährleistet eben einfach die psycho-diagnostischen und beraterischen Kompetenzen, die es braucht. Die Personen sind in professioneller Gesprächsführung geschult und sind in der Lage, auch bei Krisen eben angemessen zu reagieren und sie sollten eben auch befähigt sein, mögliche psychische Störungen zu erkennen oder eben auch Verbindungen herzustellen.

Dr. Wiebke Evers: In manchen Fällen steckt nämlich ein schwerwiegenderes Problem dahinter und das macht dann vielleicht eine psychotherapeutische Behandlung nötig und das muss natürlich erkannt werden.

Dr. Anne-Kathrin Stiller: Psychotherapeut:innen für Kinder und Jugendliche sind dann die richtige Adresse, wenn beispielsweise das seelische Wohlbefinden des Kindes wirklich stark beeinträchtigt ist. Zum Beispiel bei einer Schulangst oder einer Schulverweigerung oder ähnlichem. Auch hier sollten Sie dann bei der Kontaktaufnahme auf jeden Fall nach der Expertise zum Thema Hochbegabung fragen.

Dr. Wiebke Evers: Auch der Austausch mit anderen Eltern über zum Beispiel Elternvereine kann hilfreich sein. Oft ergeben sich daraus noch gute Tipps für Beratungsadressen, an die man sich mit seinem spezifischen Anliegen wenden kann.

Dr. Anne-Kathrin Stiller: Wenn Sie dann ein Beratungsangebot gefunden haben, das infrage kommt, dann hilft es eben auch bei der Kontaktaufnahme noch mal, auf die richtigen Signale zu achten.

Dr. Wiebke Evers: Bei der Kontaktaufnahme ist natürlich wichtig, erst einmal den Anlass kurz zu schildern, um wen geht es, wobei suche ich Unterstützung und daraus sollte sich klären, ob eine Beratung auch bezüglich dieses Anliegens möglich ist. Also nutzen Sie auch die Chance nach den Erfahrungen in diesem Bereich zu fragen und auch über die Expertise des Beratenden zu genau diesem Anliegen.

Dr. Anne-Kathrin Stiller: Es ist absolut wichtig, dass Sie die Bedingungen kennen, bevor es dann losgeht mit der Beratung und gegeben falls auch Kosten verursacht werden. Und darüber sollte die beratende Person Sie in jeden Fall auch von sich aus aufklären.

Dr. Wiebke Evers: Genau, also Punkte wie die Verfügbarkeit der beratenden Person, die Kosten, die Zeit, also wie viele Sitzungen in welchem Umfang, das muss alles im Vorfeld transparent gemacht werden. Im Zweifelsfall fragen Sie unbedingt nach! Denn wenn hier keine klaren Antworten kommen, dann sollten Sie das auf jeden Fall kritisch betrachten.

Dr. Anne-Kathrin Stiller: Zu der Frage, wer zum Beispiel ins Erstgespräch mitkommen sollte: Wenn es um die ganze Familie geht, wie in diesem Anliegen, ist es eigentlich gut, wenn es heißt, „alle die unter einem Dach wohnen sind willkommen“.

Dr. Wiebke Evers: Im Erstgespräch sollte sich auch für Sie klären, ob das für Sie passt und Sie da richtig sind. Und das ist sowohl inhaltlich zu verstehen als auch persönlich. Also, fühlen Sie sich dort wohl, fühlen Sie sich angenommen, sind Sie sich sympathisch? Wenn es aus irgendeinem Grund nicht passt, ist es auch okay! Seien Sie dann auch ganz ehrlich zu sich. Dann gilt es, lieber nicht weiter zu investieren, sondern lieber noch einmal weiter zu suchen und da müssen Sie sich auch gar nicht verpflichtet fühlen, weiter eine Beratung in Anspruch zu nehmen, mit der Sie nicht zufrieden sind.

Dr. Anne-Kathrin Stiller: Wenn Sie mit Ihrem Anliegen vielleicht selbst noch gar nicht so richtig klar sind, ist das auch völlig in Ordnung. Die Klärung des Anliegens gehört zur Beratung dazu. Gemeinsam mit der beratenden Person klären Sie dann weiter, grenzen Sie ein und identifizieren Sie einfach weiter, worum es denn ganz konkret gehen soll.

Dr. Wiebke Evers: Und wenn sich aus dieser Besprechung des Anliegens eigentlich herauskristallisiert, dass Sie vielleicht woanders damit besser aufgehoben sind, dann ist das auch okay.

Dr. Anne-Kathrin Stiller: Die Beratungsstellendatenbank der Karg-Stiftung, hier auf dem Fachportal, bietet da einen guten Überblick. Da finden Sie professionelle Beratungsangebote in Deutschland, die sich auf das Thema Hochbegabung spezialisiert haben. Praktisch ist die Umkreissuche, da können Sie Beratungseinrichtung in der Nähe Ihres Wohnortes finden.

Dr. Wiebke Evers: Wir haben klare Kriterien für die Aufnahme von Beratungsstellen, um deren Qualität auch sicherzustellen. Die Beratungsstellen, die Sie dort finden bieten sowohl Diagnostik an als auch Beratung im Vorfeld und im Nachhinein.

Dr. Anne-Kathrin Stiller: Wir hoffen, Sie konnten wieder hilfreiche Anregungen und Impulse für sich mitnehmen. Wenn es Ihnen gefallen hat, hören Sie doch auch in unsere anderen Folgen rein.

Dr. Wiebke Evers: In unserer nächsten Folge geht es um Selbstzweifel bei Hochbegabten. Bis dahin …

Dr. Anne-Kathrin Stiller: Tschüss!