Hochbegabung verstehen

Beratung

Wann eine psychologische Diagnostik im Kita-Alter sinnvoll sein kann

Wann ist es eigentlich sinnvoll, Eltern von Kita-Kindern eine psychologische Diagnostik zu empfehlen? Der Artikel thematisiert, dass psychologische Diagnostik über ein breites methodisches Repertoire verfügt und doch nur dann hilfreich ist, wenn das zugrundeliegende Anliegen klar formuliert werden kann.

Von: Christine Koop


Anliegen von Eltern

Die Anliegen, mit denen sich Eltern von Kita-Kindern an spezialisierte begabungspsychologische Beratungsstellen wenden, sind vielfältig. Dabei zeigt sich, dass in dieser Altersgruppe präventive Fragestellungen deutlich häufiger zu den Anlässen zählen als bei Kindern im Schulalter 1. Eltern (potenziell) hochbegabter Kita-Kinder sind oft auf der Suche nach Antworten auf Fragen zur Entwicklung ihrer Kinder und was sie tun können, um die Kinder ausreichend zu fördern. Häufig ist zur Beantwortung dieser Fragen eine psychologische Leistungsdiagnostik gar nicht erforderlich. Vielmehr geht es um die Vermittlung von Informationen rund um das Thema Hochbegabung allgemein sowie die Beantwortung konkreter Fragen im Einzelfall.

Psychologische Diagnostik – mehr als nur Intelligenztests

Neben diesen allgemeinen Fragen zum frühen Erkennen und Fördern von hohen Begabungen gibt es jedoch auch diverse Anlässe, bei denen eine psychologische Diagnostik hilfreiche Erkenntnisse für die nachfolgende Beratung beisteuern kann. Steht beispielsweise die Frage einer vorzeitigen Einschulung im Raum, können psychologische Tests hilfreich sein und die Entscheidungsfindung unterstützen. So kann ein Intelligenztest helfen, subjektive Eindrücke von Fachkräften und Eltern aus dem Alltag zum Stand der kognitiven Entwicklung eines Kindes zu ergänzen. Aber nicht nur der Gesamtwert eines Intelligenztests liefert hierfür Erkenntnisse. Ein Fähigkeitsprofil kann helfen, die Frage zu klären, ob das Kind in allen für die Bewältigung schulischer Anforderungen relevanten kognitiven Teilleistungen gleichermaßen weit entwickelt ist. Psychologische Leistungsdiagnostik umfasst darüber hinaus nicht nur Intelligenztests, sondern kann auch weitere leistungsrelevante Merkmale, wie z. B. Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Merkfähigkeit, visuelle Wahrnehmung und Sprachverständnis beurteilen helfen.

Vielfältige Methoden – auch für andere Beratungsanlässe wertvoll

Psychologische Diagnostik kann auf vielfältige Methoden zurückgreifen und daher auch bei vielen anderen Beratungsanlässen wertvolle Erkenntnisse beisteuern. So kann es vorkommen, dass Eltern von Kita-Kindern Beratung aufsuchen, weil sie bei ihrem Kind Entwicklungs- oder Verhaltensauffälligkeiten beobachten, die sie beunruhigen: eine ausgeprägte Ängstlichkeit in sozialen Situationen, Rückzugsverhalten, Bauchschmerzen vor dem Kita-Besuch, aggressives Verhalten gegenüber anderen Kindern, Konzentrationsprobleme, zwanghaft anmutende Gewohnheiten usw. In solchen Fällen kann psychologische Diagnostik helfen, die möglichen Ursachen für diese Auffälligkeiten einzugrenzen. Dabei geht es nicht immer nur um die schon genannten leistungsbezogenen Merkmale, wie die Intelligenz oder Konzentrationsfähigkeit. Psychologische Diagnostik kann auch Aufschluss darüber geben, wie das Kind seine sozialen Beziehungen (innerhalb der Familie oder zu Fachkräften, zu anderen Kindern in der Kita usw.) oder seine Umwelt erlebt (ob es bspw. spezifische Ängste hat).

Kind beobachtet eine Biene auf einer Blume durch eine Lupe
Bild: iStock/martinwimmer

Keine Testung ohne konkrete Fragestellung

Daran wird deutlich, dass sich psychologisch-diagnostische Kompetenz nicht auf die Feststellung von Intelligenz beschränkt. Eine psychologische Diagnostik ist nur dann gewinnbringend, wenn es eine einzugrenzende Fragestellung gibt, zu deren Beantwortung psychologische Verfahren einen wesentlichen Beitrag leisten können. Viele Testverfahren sind für spezifische diagnostische Fragestellungen entwickelt worden: Deshalb lässt sich nicht jede Frage mit jedem Test beantworten.

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Einer der ersten und wichtigsten Schritte im Rahmen einer psychologischen Beratung liegt in der Eingrenzung der Fragestellung.

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Nur unter dieser Voraussetzung können geeignete Verfahren ausgewählt und die Ergebnisse des Kindes in den Tests mit Bezug auf die anstehende Entscheidung oder Frage sinnvoll bewertet werden.

Förderung ist auch ohne Testergebnis möglich

Mit Blick auf die Fragen nach einer angemessenen Förderung von besonders begabten Kita-Kindern kann die psychologische Leistungsdiagnostik nur begrenzt unterstützen. Denn die Ausgestaltung der Förderung eines Kindes im Kita-Alltag muss sich auch an seinen Lernbedürfnissen, Interessen und Vorlieben und damit an pädagogischen Aspekten der individuellen Lernbegleitung orientieren. Und auch für viele Fragen, die die familiäre Erziehung und die Beziehungen in einer Familie betreffen, ist eine umfangreiche psychologische Diagnostik nicht unbedingt erforderlich.